Umfallerpartei FDP bleibt sich treu
FDP läßt sich von Schäuble über den Tisch ziehen.
Die Koalitionsverhandlungen von FDP und CDU/CSU zum Thema „Innere Sicherheit“ sind zum Abschluß gekommen. Schäuble geht offenbar als Sieger aus den Verhandlungen hervor. Von den bürgerrechtlichen Ambitionen der FDP, wegen der sie u.a. viele ihrer Wählerstimmen erhalten hat, ist nichts übrig.
Die FDP bleibt, was sie schon immer war: Eine Spaßpartei. Wenn es wirklich drauf ankommt, fällt die FDP um. Hauptsache man kann sich einige Regierungspöstchen sichern.
Der Spiegel seinerseits berichtet über den Ausgang der Koalitionsverhandlungen zu diesem Themengebiet mit dem Aufmacher: „FDP stoppt Internetsperren„.
Entweder hat Pofalla unbemerkt das Politik-Ressort beim Spiegel übernommen und macht diesen nun zum CDU-Parteiorgan oder Schäuble und seine Kumpane vom BKA haben die Spiegel-Homepage gehackt. Wobei diese ganz sicher nicht das technische Fachwissen auf den Gebiet des Internets für einen solchen Hack haben.
Was wurde denn nun Großartiges beschlossen, daß der Spiegel so dermaßen aus der Spur springt? Im Grunde nichts:
- Bei der Vorratsdatenspeicherung wurde die Nutzung der zusammengarafften Daten auf die Bekämpfung von schweren Straftaten beschränkt.
Das wurde bereits vom Bundesverfassungsgericht so vorgegeben und stellt nichts Neues dar. Zum Glück gibt es dazu noch eine Verfassungsbeschwerde über die in absehbarer Zeit entschieden wird. - Die Onlinedurchsuchung von Computern muß künftig von der Bundesanwaltschaft angeordnet werden.
Wie Fefe dazu schreibt, ist das jetzt nicht so „die große Hürde“, wenn man an die Vorgänge beim G8-Gipfel in Heiligendamm denkt.
Außerdem hat sich erwiesen, daß die Onlinedurchsuchung total überflüssig ist. Seit dem Inkrafttreten wurden genau NULL Computer online durchsucht. Das Gesetz gehört daher schnellstens wieder abgeschafft. - Der Traum von Zensursula soll dahingehend entschärft werden, daß das BKA erstmal versuchen soll, die Kinderporno-Seiten zu löschen. Erst, wenn das nicht klappt, sollen diese gesperrt werden.
Das steht genau so im Internet-Zensurgesetz. Wer will da wen veralbern?
Wie man sieht, ergeben sich keinerlei gravierenden Unterschiede zum Zustand vor der Wahl. Wo bleibt da der Anspruch der FDP, die Bürgerrechte in diesem Land stärken zu wollen? Man muß sich eher schon fragen: Was haben die da eigentlich die ganze verhandelt?
Bei diesem Ergebnis wird es sogar wahrscheinlich, daß Schäuble sich im Amt des Bundesinnenministers halten kann. Und das wäre nun wirklich der SuperGAU für die innere Sicherheit und die Erhaltung der Freiheit und der Bürgerrechte in diesem Land.
Die Piratenpartei meint, daß Frau Leutheusser-Schnarrenberger (Verhandlungsführerin der FDP) zurücktreten sollte, noch bevor sie überhaupt zu neuen Ämtern gekommen ist.
Ergänzung: Zum Thema Internet-Zensur gibt es nach den öffentlichen Auftritten von Schäuble und Leutheusser-Schnarrenberger noch massive Unsicherheiten. So will ODEM herausgefunden haben, daß es einen sogenannten „Anwendungserlass“ zu diesem Gesetz geben soll. Dieser Anwendungserlass soll dafür sorgen, daß es vorerst keine Internetsperren geben wird.
Aber, ob das so kommen wird wie ODEM schreibt und ob man deshalb jubeln kann, bleibt noch abzuwarten.
Vielleicht äußert sich mal jemand aus der Bundesregierung oder der zukünftigen Koalition konkret und kompetent zu diesen Vorgängen. Schäuble und Leutheusser-Schnarrenberger waren dazu ja offensichtlich nicht fähig.
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Vielleicht erstmal richtig Lesen bevor man lospoltert. Oder steht im Zensurgesetz auch, dass es zunächst ein Jahr ausgesetzt wird? Wäre mir neu.
Es hätte mehr sein können, ja. Aber es ist ja immerhin deutlich mehr, als alle anderen Parteien hinbekommen hätten. Die FDP ist halt die einzige Partei im Bundestag, die überhaupt ein Problem mit Internetzensur hat, gemessen daran ist das Ergebnis ein Erfolg – wies weitergeht muss man (aufmerksam) abwarten.
@Christoph: Ich glaube kaum, daß die FDP dafür gewählt wurde, um die Internetsperren für 1 Jahr auszusetzen. Und was kommt nach dem Jahr?
Sofortige Rücknahme dieses Gesetzes wäre die einzig richtige Reaktion gewesen, die man von der „Bürgerrechte-Partei“ FDP erwartet hätte. Aber dafür hatte sie weder die Durchhaltekraft noch das Interesse daran, eine Regierungsbeteiligung deswegen zu gefährden.
DerFreitag sieht das ganz ähnlich. Man warf der FDP ein paar Happen hin, die man bei der CDU sowieso nur für den Wahlkampf gebraucht hat (Stichwort Internetsperren). Und die FDP versucht jetzt diese „Zugeständnisse“ für sich medial auszuschlachten, obwohl es sich dabei nur um leere Hülsen handelt, weil keinerlei Neuigkeiten beschlossen wurden.
@Jan: Nicht nur die FDP hat gegen die Internetsperren im Bundestag gestimmt. Auch LINKE und fast alle Abgeordneten der Grünen waren gegen den Einstieg in die Internetzensur.
Hier die Abstimmungsliste des Bundestages zum Internetsperren-Gesetz.
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Die Aussetzung des Gesetzesvollzuges glaube ich erst, wenn ich den Koalitionsvertrag oder einen Entwurf gelesen habe.
Warum wird da noch nichts konkretes veröffentlicht (wenigstens eine kurze PE mit dem entscheidenden Satz), aber trotzdem von einem Durchbruch gesprochen?
Ich glaube, da hat jemand was zu verbergen.
Ich glaube, dass es sich um ein Plazebo handelt – genauso wie bei der tollen „Neuerung“, dass sittenwidrige Löhne verboten werden sollen (steht schon sein über 100 Jahren im BGB!).
Die Taktik ist klar: Erstmal Erfolge melden, damit das im Bewusstsein der Wähler hängenbleibt. Wenn später nur die Hälfte stimmt, wird das keine große Meldung mehr bei SpOn. So läuft das heute…
P.S.: Wenn ich mich mit meiner Prognose irren sollte, nehme ich natürlich alles zurück
@HaikoD: Stimmt die FDP läßt sich feiern und man fragt sich: Wofür eigentlich!?
Beim Tagesspiegel gibt dazu auch einen passenden Artikel mit dem Tenor: „Noch so ein Sieg [der FDP], und wir sind verloren!“
Der einzige der in diesem Artikel umgefallen ist, ist wohl der Autor selber. Erst mal lospoltern und dann: „oh doch nicht so schlimm“.
Mal ganz ehrlich. Das Gesetz ist bereits beschlossen, es lässt sich nicht einfach so zurücknehmen. Das es jetzt ausgesetzt werden soll ist doch auf jeden Fall schon mal mehr als das Inkrafttreten in den nächsten Tagen.
Und wenn man den Tagesspiegel-Artikel richtig gelesen hätte dann wäre man schnell auf den Punkt gekommen das 2011 die Sperren wohl nicht mehr notwendig sind. Nun, sie werden evaluiert und dann, wenn alles nach Plan läuft, nicht mehr notwendig sein.
Ich frage mich manchmal ob manche Menschen einen inneren Zwang dazu verspüren immer nur die schlechten Aspekte zu sehen, ich finde es gut das dass Gesetz jetzt nicht mehr durchgewunken wird. Schließlich hätte die FDP das auch alles so lassen können und sich nicht der Kritik aussetzen müssen. Und außerdem hat die FDP nun mal nur der „kleine“ Partner in den Verhandlungen. Es haben sich anscheinend noch zu viele von dem Gelaber der „neoliberalen Weltverschwörung“ verdummen lassen.
@Stefan: Das Gesetz wird inkraft treten, daran läßt sich nichts mehr ändern. Horst Köhler wird -wie immer- unterschreiben und nach Veröffentlichung ist es aktiv.
Nur mit juristischen Tricks soll nun der Murks, den von der Leyen einzig für den CDU-Wahlkampf angerichtet hat (wie selbst Schäuble mittlerweile ugegeben hat), entschärft werden. Von Rücknahme oder Abschaffung des Gesetzes ist nirgends die Rede.
Diese juristische Spielchen werfen darüberhinaus auch ein besonders Licht auf die demokratische Einstellung der Handelnden. Ein parlamentarisch beschlossenes Gesetz soll duch einen Verwaltungserlass entkräftet werden. Das hat mit Demokratie nichts zu tun, auch wenn man in diesem Fall froh sein müßte, daß so das Zensursula-Gesetz keinen Schaden mehr anrichten kann. So aber ist das alles wieder neuer politischer und handwerklicher Mist. Murks soll mit Murks bekämpft werden.
Es gibt übrigens bereits die ersten Stimmen, die der Meinung sind, daß es gar nicht möglich ist, ein bestehendes Gesetz so auszuhebeln und mal ein Jahr auf Eis zu legen, um dann zu entscheiden, ob man es braucht.
Entweder man schafft es komplett ab oder es ist inkraft.
Und von der FDP hätte man die Abschaffung ohne Wenn und Aber erwarten müssen, nach deren bürgerrechtlichen Wahlkampfgetöne.
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