Unglaublicher FAZ-Kommentar zum Internetsperren-Gesetz

Man fragt sich schon, ob heute 1. April ist oder ob die FAZ das ernst meint, was man da in einem Kommentar zu den geplanten Internetsperren lesen muß.

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Ein Herr Stefan Tomik äußert sich in seinem Kommentar zu dem Internetsperren-Gesetz, das am Donnerstag von thematisch völlig unbedarften Politikern durch den Bundestag gepeitscht werden soll.
Zitat:

Aus einem überstürzt begonnenen Vorhaben scheint am Ende ein gutes Gesetz zu werden.

Was daran gut sein soll, kann wohl nur der Blick auf den Absender des Gehaltsschecks des Herrn Tomik klären.

In atemraubendem Tempo hat Familienministerin von der Leyen die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen Kindesmissbrauch im Internet gelenkt.

So atemberaubend, daß Zensursula nicht mal Zeit gefunden hat, den Bundesdatenschutzbeauftragten, der die Sperrlisten absegnen soll, persönlich anzusprechen oder sich mal von kompetenter(!) Stellen beraten zu lasen. Und so schnell, daß ihr nicht aufgefallen ist, daß es „einen Kindesmissbrauch im Internet“ gar nicht gibt. Der findet immer im realen Leben statt. Aber Zensursula will ja lieber verdecken als wirklich bekämpfen.

Nach der Überarbeitung des Gesetzes ist zudem sichergestellt, dass Internetsperren nur als ergänzendes Mittel und auch nur gegen Kinderpornographie eingesetzt werden dürfen.

Hätte sich Herr Tomik mal etwas näher mit dem Thema beschäftigt, dann wären ihm vielleicht die Äußerungen führender Politiker der Koalition nicht verborgen geblieben, die schon jetzt von einer Ausweitung der Sperrliste auf andere Bereiche sprechen. Die Internet-Zensur nimmt so ihren Anfang.

Damit ist man den Kritikern weit entgegen gekommen.

Schon mal das Grundgesetz Artikel 5, Absatz 1 gelesen? Zensur ist verboten. Da muß man niemanden entgegenkommen.

Aber statt das zu honorieren, zieht sich die „Internet-Community“ beleidigt zurück in ihr Schneckenhaus und gibt sich weiter den eigenen Widersprüchen hin: Das Löschen kinderpornographischer Inhalte an der Quelle wollte die „Generation Internet“ mittragen; das Blockieren des Zugangs zu denselben Seiten soll aber schon Zensur sein.

Er hat nichts begriffen. Herr Tomik hätte sich vor dem Abgeben des Kommentars mal lieber mit dem Thema beschäftigen sollen und nicht einfach vorgefertigte Texte aus dem Hause von der Leyen kopieren sollen. Dieser Kommentar ist nichts anderes als Wahlkampfpropaganda.
Wie es allerdings einer FAZ passieren kann, daß so ein Kommentar veröffentlicht wird, bleibt rätselhaft. Oder mutiert die FAZ jetzt zur Parteizeitung der Union?

Herr Tomik sollte sich mal den Kommentar seines Kollegen Thomas Knüwer vom Handelsblatt durchlesen und dann überlegen, ob er sein Machwerk wirklich so stehen lassen will.

Quellen: FAZ, Handelsblatt

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7 Kommentare

  • Du schreibst „Schon mal das Grundgesetz Artikel 5, Absatz 1 gelesen? Zensur ist verboten. Da muß man niemanden entgegenkommen.“

    Ja, nur leider fällt die Sperrung von Kinderpornographie konkret NICHT unter Zensur! Heißt: Wenn es dabei bleibt, ist das keine Zensur.

  • @Alex Schestag: Leider wird die Sperrung der KiPO-Seiten nur der Anfang sein. Es steht zu befürchten, daß immer mehr den Regierenden unliebige Seiten auf den BKA-Listen landen werden, ohne daß das hinreichend demokratisch kontrolliert werden kann. Einige Politiker der Koalition haben sich ja bereits verplappert und möchten gern Glücksspiele, Onlinespiele, politische Seiten usw. ebensfalls sperren lassen.
    Und das ist dann Zensur.

  • Johann

    Die FAZ ist schon seit je die Parteizeitung der Union.

  • @Beobachter Daß es zu befürchten steht, daß auch andere Inhalte gesperrt werden und daß das dann u. U. Zensur ist, mußt du mir nicht erzählen. Ich befasse mich seit Anbeginn mit der Problematik. Aber eben deswegen weiß ich auch, daß man angesichts der Kinderporno-Sperren eben exakt argumentieren muß, will man sich nicht angreifbar machen. Und da greift das Zensur-Argument eben NICHT! Deswegen spreche ich vom Aufbau einer Zensur-Infrastruktur, die Zensur zukünftig ermöglicht, aber nicht von Zensur im konkreten Fall Man kann angesichts der Kinderporno-Sperren einfach nicht von Zensur sprechen und damit argumentieren, daß diese verboten sei, da es sich um illegale Inhalte handelt. Es gibt auch im Falle von Kinderpornographie genügend andere Argumente gegen Sperren. Man muß sich nicht mit einem schwachen Argument angreifbar machen.

  • @Alex Schestag: Nun mal ganz ruhig. Formal juristisch hast du natürlich recht.
    Trotzdem werden viele uninformiert oder uninformiert gehaltene Wähler vielleicht hellhörig beim Begriff Zensur, die ja sehr wohl beim weiteren „Vervollständigen“ der Sperr-Liste droht.
    Daß es sich beim Einzelfall KiPo-Sperre juristisch gesehen nicht um Zensur handelt, mag ja stimmen, ist aber vielen schon wieder zu kompliziert. Ebenso der Umstand, daß sich die Behörden u.U. strafbar machen,wenn sie die KiPo-Seiten nur sperren aber nicht dagegen vorgehen, eben weil diese strafbar sind. Oder daß der Bund wahrscheinlich gar nicht zuständig ist und das Gesetz bereits durch diese „Formalität“ vor Gericht scheitern kann.
    Ich hoffe, daß die breite Öffentlichkeit sich überhaupt mal mit dem Thema Internet-Zensur näher beschäftigt und die daraus gewonnenden Erkenntnisse bei der Wahl im Herbst umsetzen wird. Dann ist schon viel gewonnen.
    Beim Gesetz selbst vertraue ich da lieber aufs Bundesverfassungsgericht, denn daß Horst Köhler seine Unterschrift verweigern wird, werden wir wohl nicht erleben.

  • Max

    Das ist nach meiner Zählung der dritte solche Kommentar in der FAZ. (Nach dem zweiten ist sie aus meinem RSS-Reader geflogen.)
    Besonders die Empfehlung, Deutschland solle sich China als Vorbild für effektive Sperren nehmen, war einfach zu viel.

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