SPD beschließt planmäßigen Untergang

Knappe Mehrheit der SPD-Mitglieder stimmt für Fortsetzung der Groko.

Knapp 6 Monate nach der Bundestagswahl im September 2017 wurde heute wohl die letzte Hürde zur Fortsetzung der sogenannten großen Koalition (GroKo) beschlossen. Wenn man rein nach den Zahlen geht, kann man die Koalition aus SPD, CDU und CSU kaum noch große Koalition nennen. Zusammen kommen die drei Parteien auf 399 der 709 Sitze im deutschen Bundestag. Das entspricht zwar einer Mehrheit, von den übergroßen Mehrheiten vergangener großen Koalitionen, die selbst verfassungsändernde Gesetze locker durchwinken konnten, ist man diesmal jedoch weit entfernt.

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Die Ursache dafür ist ganz klar. Die Wähler wünschten sich keine Fortsetzung der GroKo. Die Union verlor bei der letzten Bundestagswahl satte 8,6 Prozent der Stimmen, bei der SPD sah es mit Minus 5,2 Prozent nicht besser aus. Beide Parteien lieferten damit das jeweils schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit bestehen der Bundesrepublik Deutschland ab.

Gelernt haben sie daraus offensichtlich nichts. Besonders die Union unter der Führung von Angela Merkel, die nur ein einziges politisches Ziel hat, und das ist die Fortführung ihrer Kanzlerschaft, setze alles auf eine neuerliche GroKo.
Die SPD hatte zwar einen kurzen Augenblick eine wache Phase und erkannte, daß sie eine weitere GroKo in den politischen Abgrund reißen wird, die wahren Worte von Martin Schulz am Wahlabend zeugen davon, doch Posten und Pöstchen sind vielen Mitgliedern der SPD Führung offensichtlich wichtiger als die politische Zukunft der eigenen Partei.

Irrtum der SPD Mitglieder

Insofern verwundert die heute bekanntgegebene knappe Zustimmung der SPD-Mitglieder zur erneuten Koalition mit CDU und CSU nicht. Rund 66 Prozent der SPD Mitglieder, die abgestimmt haben (das waren immerhin 75 % aller Mitglieder der Partei) haben für eine erneute GroKo gestimmt. Die Angst vor einer Neuwahl aber auch die Angst vor dem Verlust des eigenen Pöstchen waren einfach zu groß. Das ist menschlich vielleicht verständlich, politisch bedeutet es den Selbstmord.

Dabei unterlagen viele SPD Mitglieder auch noch einem großen Irrtum. Eine Ablehnung der GroKo hätte nicht, wie immer und überall publiziert, eine sofortige Neuwahl zur Folge gehabt. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Merkel dann, nachdem sie bereist die Möglichkeit der sogenannten Jamaika-Koalition aus Union, Grüne und FDP an die Wand gefahren hat, die ihr letztverbleibende Möglichkeit einer Minderheitsregierung genutzt hätte. Angela Merkel weiß genau, daß eine Neuwahl eine ernsthafte Gefahr für ihre Kanzlerschaft wäre.

Die SPD haben durch ihre Abstimmung zwar Merkel den leichtesten Weg zum Erhalt der Kanzlerschaft freigeräumt, der eigenen Partei aber großen Schaden zugefügt. Nur aus Angst vor Neuwahlen, die gar nicht zwangsläufig waren.

Untergang der SPD

Nun kann man diesen Schaden aber nicht allein den SPD Mitgliedern anlasten, vielmehr ist es die SPD Führung, die die einst so stolze Arbeiterpartei in diese Lage gebracht hat. Man muß sich das schon einmal langsam auf der Zunge zergehen lassen: Die Führung der SPD sieht in der Koalition mit dem einstigen politischen Gegner die einzige Option für die Zukunft der eigenen Partei. Das ist ein Armutszeugnis sondergleichen, und mehr muß man über diese Führung der SPD nicht wissen.

Die einstige Arbeiterpartei ist heute zum großen Feind der eigenen Klientel geworden. Hartz4 und Agenda 2010 sind dafür die Stichworte. Die Verarmung großer Teile der Bevölkerung, vor allem auch von Kindern und Alten, und die immer stärkere Verteilung von unten nach oben sind die Ergebnisse dieser neoliberalen Politik. Doch was Gerhard Schröder einst begann, wird von der heutigen SPD weder verteufelt noch steht eine Änderung an. Vielmehr läßt die designierte neue SPD-Chefin Andrea Nahles Aussagen wie solche verlauten:

Die Anrechnung von Kindergeld findet die Vorsitzende der einstigen Arbeiterpartei also völlig richtig. Das ist schon mehr als parteischädigendes Verhalten und wäre in früheren Zeiten mindestens mit dem Parteiausschluß geahndet wurden.

Doch die heutige SPD-Parteiführung gefällt sich in ihrer Rolle der Mehrheitsbeschafferin der ewigen Kanzlerin Merkel und im Verfechten neoliberaler Politik.

Linke Mehrheit nur jenseits der SPD

SO kann man davon ausgehen, daß die SPD nach der nächsten Bundestagswahl in Berlin politisch keine Rolle mehr spielen wird. Vielmehr wird es darum gehen, rein zahlenmäßig nicht weit hinter den anderen Parteien zu landen.

Die Linke kann aufhören, weit von einer linken Mehrheit zusammen mit der SPD zu träumen. R2G, so wie das in Thüringen bislang sehr gut funktioniert, wird im Bund auf absehbare Zeit nicht mehr möglich werden. Die Linke wird sich nun auf die eigene Kraft und die mögliche Zusammenarbeit mit den Grünen besinnen müssen, wenn es in diesem Land tatsächlich zu einer neuen gerechteren Politik kommen soll. Das Einsammeln von enttäuschten ehemaligen  SPD-Wählern aber auch SPD-Mitgliedern dürfte dabei aktuell weit oben auf der Agenda stehen.

 

 

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