Kostenloser Nahverkehr, eine alte Idee kommt in Fahrt.
So könnte der kostenlose, fahrscheinfreie ÖPNV finanziert werden.
Die Bundesregierung liegt derzeit im Winterschlaf. Seit September ist sie nur noch geschäftsführend im Amt, weil Kanzlerin Merkel und mit ihr die Union aus CDU und CSU seit nun mehr geschlagenen 5 Monaten nicht in der Lage sind, eine neue Regierung zu bilden. Alle Welt drischt zwar auf die Sozialdemokraten ein, nach dem Schulz/Nahles-Debakel nicht ganz unberechtigt, dabei ist eigentlich die Union diejenige, die Dresche beziehen müsste. Doch wie immer zieht sich Merkel geschickt zurück, hat mit allem nichts zu tun und überläßt den anderen die medialen Einschläge.
Kostenloser ÖPNV
So ganz tot scheinen die Zombies in Berlin aber noch nicht zu sein, überraschten sie doch dieser Tage mit der „brandneuen“ Idee, einen kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in ganz Deutschland anzubieten. Der Bund wolle sich auch großzügig daran beteiligen. Dazu gibt es viele Dinge zu sagen.
Zunächst einmal ist die Idee nicht brandneu, sondern schon uralt. Die Linkspartei und noch länger die Piratenpartei gehen mit dieser Idee schon seit Jahren hausieren.
Schön, dass die Bundesregierung erwägt, in #Bonn & #Essen einen Test zum #fahrscheinfreien #ÖPNV durchzuführen. Die Studie der #Piraten von 2017 hierzu: https://t.co/2AqkUzWyyS #PiratenWirken pic.twitter.com/mtHjBW4c44
— Piratenpartei Düsseldorf ?️? (@PiratenDdorf) February 13, 2018
Immer wurde die Idee von den anderen Parteien mit dem Hinweis der Unbezahlbarkeit abgelehnt. Zumindest bisher.
Jetzt hat Merkel das Thema entdeckt und verkauft die Ideen anderer wie immer als ihre eigenen. So ist sie halt, die Angela. Die SPD weiß davon ein zu Lied zu singen, nicht erst seit der letzten Groko. Wenn es der Sache trotzdem dient und der kostenlose ÖPNV tatsächlich kommt, wird wohl niemand etwas dagegen sagen wollen.
Der nächste Punkt, ist der bestimmt rein zufällige Umstand, daß die Union genau in dem Moment auf die Idee der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs kommt, als der Automobilindustrie an den Kragen gehen soll. Am 22. Februar entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die drohenden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in deutschen Innenstädten und Brüssel droht Deutschland zudem noch immer mit Sanktionen, sollte hierzulande nicht endlich etwas gegen die Luftverschmutzung unternommen werden.
Mit dem kostenlosen ÖPNV will die Bundesregierung nun ein Zeichen setzen, um etwas gegen die schlechte Luft in den Städten zu unternehmen und so Brüssel zu besänftigen. Die Gesundheit der Bürger war der Bundesregierung bisher völlig egal, die Tolerierung der Abgasbetrügereien der deutschen Automobilindustrie ist dafür der Beweis, soll es aber ebendieser Automobilindustrie an den Kragen gehen, wacht man in Berlin auf. Sehr bezeichnend dieser Aktionismus.
Zu guter Letzt bleibt anzumerken, daß es gar nicht um einen kostenlosen ÖPNV geht, sondern um einen fahrscheinfreien Nahverkehr. Diesen Unterschied zu erklären, mühen sich vor allem die Piraten seit Jahren ab. Viel genutzt hat es offensichtlich nicht, wenn jetzt wieder überall vom kostenlosen Nahverkehr die Rede ist. Denn natürlich muß auch dieser irgendwie finanziert werden.
Finanzierung des fahrscheinfreien ÖPNV
Irgendwoher muß das Geld für die Busse und Bahnen, die Fahrwege und das Personal des ÖPNV natürlich auch dann kommen, wenn die Bürger keinen Fahrschein mehr kaufen müssen, sondern das Angebot einfach nutzen können. Das sollte eigentlich jedem klar sein. Insofern ist „kostenloser Nahverkehr“ zwar schön plakativ, aber inhaltlich totaler Nonsens.
Aber wie soll das alles finanziert werden? Das fragen die Kritiker der alten Piraten/Linke-Idee schon immer und haben deshalb bisher auch immer abgewunken. Nun hat Merkel die Idee auf ihre Fahnen geschrieben und nun muß man beginnen, sich damit zu beschäftigen. Dabei ist die Finanzierung völlig klar, sie muß vollständig aus dem Steueraufkommen aller Bürger und Unternehmen erbracht werden. Und da die Steuern derzeit kräftig sprudeln, wie Kanzlerin und Union immer wieder betonen, sollte das auch kein großes Problem sein.
Sollten irgendwann mal wieder schlechtere Zeiten für den Finanzminister kommen, gibt es zahlreiche Stellschrauben, an denen er drehen könnte, um die Finanzierung des fahrscheinlosen ÖPNV auch künftig zu garantieren. Die folgende Liste soll ein kleiner Denkanstoß sein, wie man Gelder allein im Bereich Verkehr dafür mobilisieren könnte:
- Strafzahlungen für Abgasbetrug der Automobilhersteller
- Wegfall der Steuerbegünstigung für Diesel und für begünstigte Treibstoffe für Bauern und andere Unternehmen
- Maut für deutsche Innenstädte
- Stopp der Autobahnprivatisierungen (Stichwort ÖPP)
- LKW-Maut zu 100 Prozent in den Bundeshaushalt, Kündigung des Vertrags mit Toll Collect
- …
Diese Liste läßt sich mit ein wenig Kreativität sicherlich weiter fortsetzen, und die Bundesregierung sollte zudem genau wissen, wo sie am meisten auf Steuereinnahmen zugunsten der eigenen Klientel verzichtet, nicht nur im Bereich Mobilität. Deshalb sind alle Klagerufe und das Wehgeschrei der Nichtfinanzierbarkeit und der Ungerechtigkeit gegenüber der Landbevölkerung zu vernachlässigen. Der fahrscheinlose ÖPNV ist machbar, man muß es nur wirklich wollen.
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