Kommunalwahl in Hessen

Letzter Stimmungstest für die Landtagswahlen am kommenden Sonntag.

Gestern fand in Hessen die Kommunalwahl statt. So kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz kommt der hessischen Kommunalwahl eine Bedeutung zu, der sie wahrlich nicht gerecht werden kann, geht es bei einer Kommunalwahl doch vornehmlich um die ganz konkreten Probleme vor Ort und deren Lösung. Einen Einfluß der Bundespolitik oder umgekehrt kann man in der Regel deshalb ausschließen.

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Etablierte Parteien verlieren

In diesem Jahr jedoch schauen alle gebannt auf die Zahlen aus Hessen, und die verheißen nichts Gutes. Zwar werden die amtlichen Endergebnisse erst im Laufe der Woche feststehen, doch es reicht schon völlig, was man bisher weiß.

Fast alle etablierte Parteien schneiden schlechter ab, als bei der vorherigen Wahl. Die CDU kommt landesweit auf 28,2 Prozent (minus 5,5 Prozentpunkte) und liegt damit nur noch knapp vor der SPD. Die Sozialdemokraten kommen auf 28 Prozent (minus 3,5 Prozentpunkte).
Die Grünen verlieren besonders stark. Sie kommen landesweit auf nur noch 11,6 Prozent (minus 6,7 Prozentpunkte). Dieses Absacken ist allerdings zu einem großen Teil der Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 geschuldet. Damals erhielten die Grünen aufgrund des SuperGAU besonders viel Zustimmung. Die Linke erreicht 3,7 Prozent und kann zulegen (plus 1 Prozentpunkt). Die FDP lebt wieder und kommt auf 6,3 Prozent (plus 2,4 Prozentpunkt). Die Freien Wähler müssen mit 5,3 Prozent  (minus 0,4 Prozentpunkt) dagegen Federn lassen.

AfD stark wie nie

Einen deutlichen Sieger gab es jedoch bei dieser Kommunalwahl in Hessen: die Alternative für Deutschland (AfD). Landesweit kommt diese Partei, wenn man die ausländerfeindlichen Populisten denn so bezeichnen möchte, auf sagenhafte 13,2 Prozent. Im Landkreis Bergstraße kommt die AfD sogar auf 18,4 Prozent, in der Landeshauptstadt Wiesbaden auf 15,9 Prozent und wird damit drittstärkste Kraft. In Frankfurt erreichen die Rechtspopulisten 10,3 Prozent und in Bad Karlshafen (Kassel) unglaubliche 22,3 Prozent(!) der Stimmen.

Viele Politiker und Wähler hoffen nun darauf, daß die Stimmanteile der AfD im Laufe der Woche, wenn alle Stimmen wirklich ausgezählt sind, noch sinken werden. Doch an der Grundtendenz wird dies nichts ändern. Die AfD hat quasi aus dem Stand heraus unerwartet stark abgeschnitten.

Reaktion auf Flüchtlingspolitik

Das Wählerverhalten wird diesmal weniger mit den Verhältnissen in Hessen zu tun gehabt haben. Ihr Kreuz bei den Rechtspopulisten ist eindeutig eine Reaktion auf die Bundespolitik. Die Saat, die hauptsächlich von CSU, Pegida und zum Teil der CDU gestreut wurde, ist in Hessen aufgegangen. Wer flüchtende Menschen als „Krise“ begreift und nach immer neuen Möglichkeiten sucht, das Recht auf Asyl und die Versorgung der Flüchtlinge zu beschneiden, muß sich nicht wundern, wenn die Ausländerfeindlichkeit offen zutage tritt.

Auch die SPD hat sich hier dick mit brauner Soße bekleckert. Wer, wie die Sozialdemokraten dies tun, die Zuwendungen und Unterstützungsmaßnahmen für die Flüchtlinge mit sozialen Leistungen für die heimische Bevölkerung aufwiegen will, schürt damit Neid und Mißgunst. Diese Tatsache dürfte auch einem Sigmar Gabriel nicht verborgen geblieben sein. Doch Gabriel sieht seine Felle wohl langsam aber sicher davon schwimmen. Offenbar soll es bei den Sozialdemokraten bereits Pläne für die Zeit nach Gabriel geben, wenn die SPD bei den Landtagswahlen am kommenden Sonntag wie erwartet schlecht abschneidet.

Umdenken gefordert

Das Abschneiden der AfD bei der gestrigen Kommunalwahl in Hessen muß für die demokratischen Parteien ein Signal sein, endlich damit aufzuhören, die AfD nachzuäffen. Wenn alle ausländer- und flüchtlingsfeindliche Parolen von sich geben, wird sich der geneigte Wähler immer für das Original und damit für die Rechtspopulisten der AfD entscheiden. So kann man keine Stimmen sammeln, soviel steht fest.

Statt dessen sollten CDU, CSU und SPD endlich damit beginnen, die flüchtenden Menschen nicht weiter als Krise zu begreifen, sondern als Chance für Deutschland. Der Wähler will konkrete Pläne dafür haben, wie die Integration in den nächsten Jahren gelingen soll, was das kosten soll und wer das bezahlen soll. Rechtspopulismus ist dabei fehl am Platze. Für die kommenden Landtagswahlen am Sonntag werden diese Vorschläge aber zu spät kommen.

 

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