Wer nicht FDP wählt, ist doof.

Die 1,8 Prozent-Partei sucht nach den Ursachen für ihr Wahldebakel.

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Die Wahl in Berlin hat die FDP praktisch pulverisiert. Ganze 1,8 Prozent der abgegebenen Stimmen fielen auf die Liberalen. Damit ist die FDP gleichauf mit NPD und Tierschutzpartei. Normalerweise laufen derartige Parteien unter Sonstige.

Die Tage direkt nach der Berlin-Wahl waren auffallend ruhig im FDP-Hauptquartier. Keine Rücktrittsforderungen für Westerwelle und dessen Nachfolger Rösler, keine verbalen Spitzen aus Schleswig-Holstein, hier ist FDP-Mann Kubicki eigentlich immer für eine mediale Entgleisung zu haben, kein Gemurmel von ExWirtschaftsminister Brüderle in irgendwelche Kameras. Und selbst Generalsekretär Lindner hat sich offenbar ein Schweigegelübde zur Wahl auferlegt. Ruhe allenthalben.

Was haben die Wahlverlierer die ganze Zeit gemacht? Nachgedacht und Fehler bei sich selbst gesucht? Undenkbar. Und so kommt, was kommen mußte. Die Ursache für das Debakel ist gefunden: Der Wähler ist an allem schuld. Zu diesem Schluß kommt Dirk Pfeil, seines Zeichens Präsidiumsmitglied der FDP in Hessen. Nach Pfeils Ansicht liegt die Ursache für den Absturz der FDP nicht an der Partei selbst oder ihrem Programm, man hat schließlich alles richtig gemacht, auch bei der Neubesetzung der Partei-Spitze, sondern am Bildungsniveau der Wähler. Der gemeine Wähler ist schlicht zu dumm, die Brillianz der FDP zu erkennen. Der Frankfurter Neuen Presse sagte Pfeil:

Schlimm, daß die Mehrheit der Bevölkerung keine politische Bildung genossen hat. Die Masse ist meinungslos, sprachlos und zu ungebildet, um die Botschaft der FDP zu verstehen. Deswegen werden wir nie eine Volkspartei. Liberal zu sein, ist keine Massenmeinung.

Nun hat Pfeil in einem Recht, ein Großteil der Wähler ist wirklich politisch kaum gebildet. Zum einem aus purer Interessenlosigkeit, zum anderen aus Zeit- oder Geldmangel. Bildung gibt es nunmal nicht gratis. Ein Umstand für den auch die FDP verantwortlich ist.
Doch daß Pfeil gerade die 1,8 Prozent der Wähler, die ihr Kreuz bei der FDP gemacht haben, mit seinen Äußerungen beschimpft, überrascht dann doch. Sind es doch gerade diese FDP-Wähler, die bei der Berlin-Wahl ihre politische Ahnungslosigkeit zur Schau gestellt haben. Alle, die ihre Stimme nicht den Liberalen gegeben haben, haben doch damit gezeigt, daß sie zumindest soviel politischen Grips haben, um nicht auf den Anti-Europa-Kurs der FDP hereinzufallen.

Wenn die Liberalen jetzt schon anfangen, die eigenen Wähler zu beschimpfen, dann müssen Panik und Resignation im Thomas-Dehler-Haus wirklich ungeheuer groß sein. Vielleicht sind Rösler und Westerwelle nur noch deshalb im Amt, weil die eigene Partei schon längst begriffen hat, daß es gar keinen Sinn mehr macht, sie noch auszutauschen. Die eigene Insolvenz scheint den Liberalen bereits unausweichlich vorzukommen.

Quelle: SZ

 

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Ein Kommentar

  • Observator

    „Liberal zu sein, ist keine Massenmeinung.“

    Weiß Herr Pfeil denn, was liberal bedeutet – das ist mehr, als eine Steuersenkungsforderung.