Bahnstreik – ein mediales Trauerspiel

Die Wahrheit hinter dem Bahnstreik.

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Wenn die Medien in Deutschland kollektiv durchdrehen, ist entweder irgendwas mit Putin und/oder der Ukraine. Oder eben Bahnstreik, so wie in dieser Woche. Dann wird aus allen Rohren gegen die Lokführer und ihre Gewerkschaft, die GDL, und noch viel mehr gegen deren Chef, Claus Weselsky geschossen. Daß es dabei auch zu Treffern unterhalb der Gürtellinie kommt, beispielsweise wurde das Wohnhaus von Weselsky zum Thema der Berichterstattung, sind wahrscheinlich nur Kollateralschäden. Hat man wohl von den Amis gelernt.

Interessant ist das Verhalten der Medien aber trotzdem und gut geeignet, als Schaustück für zukünftige Studenten im Fach Medien in der Rubrik „so nicht“ zu dienen. Denn es wird einzig und allein gegen die GDL und ihre „überzogenen Forderungen“ berichtet. Da wird medial der „Notstand“ ausgerufen, weil die Lokführer „Deutschland in Geiselhaft nehmen“ und „Milliardenschäden verursachen“ und da wird GDL-Chef Weselsky persönlich niedergemacht.

Von der Schuld der Bahn-Manager liest man da nichts. Und das ist wirklich zu auffällig, als daß diese Kampagne noch ein Zufall sein kann.

Worum geht es bei dem Bahnstreik wirklich?

Neben der eher kleinen Gehaltsforderung von 5 Prozent geht es der GDL vor allem darum, daß die Bahn endlich ein Urteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) aus dem Jahre 2010 anerkennt und entsprechend umsetzt. Damals hat das BAG Recht gesprochen und entschieden, daß eine Gewerkschaft immer das Recht hat, für alle ihre Mitglieder Tarifverhandlungen zu führen. Die von früher gewohnte und noch heute von der Bahn gewünschte Aufteilung (GDL ist für Lokführer zuständig und die EVG für das Zugpersonal) war damit hinfällig.

Die GDL darf demnach auch für bei ihr organisierte Zugbegleiter die Verhandlungen führen. Das lehnt die Bahn bis heute rechtswidrig ab, was wiederum die GDL nicht hinnehmen will. Das ist der eigentliche Kern des jetzigen Bahnstreiks.

Medien haben versagt

In den Medien erfährt man dazu nur allzu wenig. Dort wird lieber Stimmung gegen die GDL und den Streik insgesamt gemacht. Daß das Streikrecht ein Grundrecht nach Artikel 9 Grundgesetz ist, stört die medialen Meinungsmacher offensichtlich nur wenig. Mit Argumenten, wie „Geiselhaft“, „Milliardenschaden“ und „Störung des öffentlichen Lebens“, stellen sie nur ihr Unwissen öffentlich dar.

Natürlich muß ein Streik das öffentliche Leben stören, sonst wäre er ja gar nicht wahrnehmbar und würde nicht den nötigen Druck gegenüber dem Arbeitgeber aufbauen. Insofern gibt es keinen unverhältnismäßigenen Arbeitskampf. Auch die vielzitierten Milliardenschäden, wobei die kolportierten Zahlen allesamt aus der Luft gegriffen sind, erhöhen den Druck zusätzlich. Nur bei genügend Druck wird die Bahn endlich zu bewegen sein, auf die nachvollziehbaren Forderungen der GDL einzugehen.

Zu fordern, das Streikrecht allgemein, für kleinere Gewerkschaften oder für Arbeitnehmer, deren Tätigkeit besondere Bedeutung für die Allgemeinheit hat, in irgendeiner Form zu beschneiden, zeigt klar und deutlich, daß die große Mehrzahl der Medien sich argumentativ außerhalb des Grundgesetz befindet. Daß die Arbeitsministerin Nahles (SPD) diese Forderungen begrüßt und deshalb ein entsprechendes Gesetz vorlegen will, sagt vor allem viel über die SPD und ihren Umgang mit dem Grundgesetz und den darin verbrieften Arbeitnehmerrechten aus.

GDL muß durchhalten

Man kann nur hoffen, daß die GDL und ihre Mitglieder durchhalten. Für alle Arbeitnehmer in Deutschland. Die Wahrung von Grundrechten muß gewährleistet und jederzeit durchsetzbar bleiben. Auch gegen einen medialen Sturm.
Sollte die GDL jetzt einknicken, dann ist das heutige Streikrecht nur noch Makulatur. Dann werden, anstatt hoheitliche Aufgaben, wie Telekommunikation, Energieversorgung, Bildung und Eisenbahn, endlich wieder zu verstaatlichen und Beamte auf wichtige Posten zu setzen, die Arbeitnehmerrechte mithilfe der SPD für solche Bereiche in Zukunft massiv ausgehöhlt.

Bahn muß sich bewegen

Deshalb müssen die Lokführer stark bleiben. Die Bahnmanager müssen sich nun bewegen, die Medienschlacht einstellen, die Forderungen der GDL erfüllen und endlich das BAG-Urteil umsetzen. Nur dann entsteht auch kein weiterer volkswirtschaftlicher Schaden, den allein die Bahnmanager zu verantworten haben.

Gericht steht hinter GDL

Das sehen auch die Arbeitsgerichte so. Die Deutsche Bahn hatte tatsächlich versucht, per Gericht eine einstweilige Verfügung gegen den Lokführerstreik zu erwirken. Das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main wies das entschieden zurück. Nach Auffassung des Gerichts sei es das Wesen eines Arbeitskampfes, daß es zu großen Beeinträchtigungen kommen kann. Ach was, traurig, daß man den Bahn-Managern so etwas erst schriftlich geben muß.

Nun will die Bahn in Berufung gehen. Statt auf die Forderungen der GDL einzugehen, versucht die Bahn juristische Tricks und verzögert so weiterhin eine Lösung. Die Bahnkunden müssen das in den nächsten Wochen weiter ausbaden.

## Update: GDL verkürzt Streik ##
Die GDL wird den Streik vorfristig abbrechen. Nicht erst am Montag früh, sondern bereits am Samstag Abend, um 18 Uhr soll der Streik beendet werden. Jetzt liegt der Ball eindeutig bei der Bahn, um der GDL ein vernünftiges Angebot zumachen.

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