PKW-Maut: Das scheinbare Okay der EU

Brüssel bestätigt nur das, was Kritiker schon immer zur Maut gesagt haben.

In der vergangenen Woche konnte man wieder einmal beobachten, wie in Deutschland Meinungsmache funktioniert. Etliche Medien veröffentlichten eine Antwort des EU-Verkehrskommissars Siim Kallas und verdrehten die Tatsachen derart, dass Seehofer mit seiner irrwitzigen Forderung nach einer PKW-Maut für Ausländer scheinbar als Sieger dastand.

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Was war passiert? Die bayerische Landtagswahl stand bevor und Seehofer und sein Wahlkampf-Team lümmelten sich in schicken Büromöbeln (vielleicht von Vitrapoint) in der bayerischen Staatskanzlei und überlegten angestrengt, mit welcher absurden Forderung sie Wählerstimmen fangen könnten. Schließlich war absehbar, dass der Koalitionspartner FDP den Einzug in den Landtag verpassen würde.
Seehofer, bekannt als Populist durch und durch, wusste, dass man in Deutschland immer noch mit Ressentiments gegen Ausländer Stimmung und Stimmen machen kann. So kamen er und sein Team, allen voran CSU-Generalsekretär Dobrindt, auf die Idee, im Wahlkampf zur bayerischen Landtagswahl eine PKW-Maut für Ausländer zu fordern. Und zwar ausschließlich für Ausländer. Der bayerische Sonntagsfahrer sollte natürlich geschont werden, oder das zumindest annehmen.
Die bösen Österreicher, Polen und Schweizer sollten endlich auch bezahlen, wenn sie in Deutschland unsere schöne Autobahnen verstopfen, schließlich werden deutsche Autofahrer bei ihrer Fahrt durch Europa auch abgezockt, so die Denkweise an den bayerischen Stammtischen. Und diese Stimmung bediente Seehofer mit seiner Idee einer Ausländer-Maut. Hätte Seehofer gefordert, dass ab sofort alle ausländischen Autofahrer einen gelben Aufkleber quer über die Motorhaube kleben müssen, wenn sie deutschen Boden befahren, dann steht zu befürchten, dass ihm auch das satte Mehrheiten beschert hätte. So schaffte es Seehofer, zur Bayernwahl wieder die absolute Mehrheit zu erreichen.

Dass seine Forderung nach einer PKW-Maut ausschließlich für Ausländer, exakt so und nicht anders wurde es in zahlreichen Interviews und noch mehr Bierzelten propagiert, rechtlich nicht durchzusetzen ist, wussten Seehofer und sein Team in München natürlich. Und nachdem Angela Merkel im TV-Kanzlerduell eine PKW-Maut gänzlich ausgeschlossen hatte, dachte man eigentlich, dieses Thema hätte sich erledigt und die Vernunft wieder die Oberhand gewonnen. Doch Seehofer polterte weiter.

Nun kam die scheinbare „Knallermeldung“. Nach Meinung von etlichen Medien, hat die EU grünes Licht für Seehofers Maut gegeben. Doch das ist nicht der Fall. Wer wirklich lesen kann, erkennt, dass EU-Verkehrskommissars Kallas nur das wiederholt hat, was Kritiker von Anfang an gesagt haben. Eine Maut ausschließlich für Ausländer ist nicht machbar. Kallas sagte:

Grundsätzlich stellt eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuern für gebietsansässige Nutzer (…) bei gleichzeitiger Erhebung angemessener Nutzungsgebühren für alle Nutzer also keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar.

Das bedeutet: eine Maut kann nur für alle Autofahrer eingeführt werden. Dafür kann den deutschen Autofahrern eine Senkung der Kfz-Steuern gewährt werden. Eine getrennte Maut nur für Ausländer ist somit nicht möglich, aber genau diese hatte Seehofer immer gefordert. Seehofer ist also kein Sieger oder Überflieger, sondern bleibt ein Populist.

Warum diese Meldung von einigen CDU-freundlichen Medien aber derart verdreht dargestellt wird, bleibt ihr Geheimnis. Offenbar befürchtet man ein zu starke SPD bei den Koalitionsgesprächen in Berlin. Oder gar das Scheitern der Koalitionsgespräche, denn dann wäre ein Weitermachen der Kanzlerin nicht mehr möglich. Dann stünden Neuwahlen ins Haus und wie dann die Union abschneiden würde, auch im Hinblick auf den NSA-Skandal, steht derzeit in den Sternen. Dann wäre auch ein Ende der Kanzlerin Merkel möglich. Das will man offenbar verhindern.

Sollte die SPD aber schwach werden und die PKW-Maut für alle wirklich eingeführt werden, dann darf sich der deutsche Autofahrer schon mal auf Mehrbelastungen einstellen. Der bürokratische Aufwand für das Eintreiben der PKW-Maut bei gleichzeitiger Kfz-Steuererlassung, wobei bestehende Ausnahmen von der Steuer, wie Öko-Rabatt oder Befreiungen für Behinderte dabei noch gar nicht betrachtet wurden, wäre so hoch, dass am Ende gar kein Geld übrigbliebe, das man in die Infrastruktur stecken könnte. Deshalb wird es wohl nichts werden mit der großzügigen Steuerermäßigung für deutsche Autofahrer. Zumindest einen Teil, wenn nicht gar die volle Summe der PKW-Maut wird der deutsche Autofahrer zahlen müssen. Dann können sich alle bedanken bei Seehofer und der CSU.

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