Das Ende der Netzneutralität

Die Telekom will DSL-Flatrates abschaffen und die Netzneutralität beseitigen.

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Ende März wurden die Pläne bekannt. Die Deutsche Telekom will die Flatrates im DSL abschaffen. Neuverträge sollen nur noch Volumentarife erhalten. Wer über ein bestimmtes Kontingent surft, dem drosselt die Telekom die Geschwindigkeit. Mit ganzen 384 Kbit/s sollen dann die Daten durchs Netz zum Kunden gelangen. Kritiker meinen, daß die Telekom damit nicht nur die Geschwindigkeit drosselt, sondern gleich das ganze Internet erdrosselt.

Inzwischen hat die Telekom die Pläne offiziell bestätigt. DSL gibt es zukünftig nur noch im Volumentarif, die Flatrate ist Geschichte. Aber das wäre ja gar nicht schlimm, so der Magenta-Riese. Die neuen Volumentarife, die rechtlich ab dem 02. Mai gelten, aber nicht vor 2016 technisch umgesetzt würden, da bleibt die Telekom ungewöhnlich unkonkret, beinhalten Volumen von 75 GB bis 400 GB, je nach Verbindungsgeschwindigkeit des DSL-Anschlusses. Diese Volumen würden locker ausreichen. Der normale Kunde würde im Schnitt nur rund 15 bis 20 GB im Monat verbrauchen. Daß dies allerdings ein Durchschnitt über alle Kunden, verschweigt die Telekom. Da zählt die Oma, die ihren Anschluß fast gar nicht nutzt, ebenso rein, wie die sinnbildliche Hausfrau, die mal ein paar E-Mails versendet oder nach passenden Kochrezepten surft. Der „Powersurfer“, der seinen Anschluß normal nutzt, wird mit 20 GB nur schwer zurechtkommen. Musik- und Video-Streams, Chatprogramme, Skype und Computerspiele, die seit neuestem immer online sein wollen, bedeuten auch entsprechende Datenmengen. Und dabei steckt das Thema Cloud und deren Nutzung erst in den Kinderschuhen. Da kommen noch ganz andere Datenmengen als heute auf die Provider zu.

Deutschland gerät durch solche Drosselungs-Pläne immer weiter in den Hintergrund. Während woanders Geschwindigkeiten von 32 und 54 Mbit/s fast schon die Regel sind (hierzulande ist das Angebot von Kabel Deutschland mit Internet bis zu 100 Mbit/s dagegen ein echter Leuchtturm in der Wüste) und es in den Innenstädten überhaupt kein Problem ist, schnelles mobiles Internet zu nutzen, diskutiert man Deutschland allen Ernstes darüber, die Geschwindigkeit zu drosseln. Da bekommt der Begriff „Datenautobahn“ von ExKanzler Kohl wieder ganz besonderes Gewicht. Stau allenthalben.

Doch ein wichtiger Punkt wird von der Telekom eher im Nebensatz abgehandelt. Bei Kunden, die das Produkt Entertain (Online-TV) nutzen, werden diese Daten nicht auf das Volumen angerechnet. Der Bildschirm soll also trotz Volumengrenze nicht dunkel werden. Was sich so harmlos und kundenfreundlich anhört, ist ein echter Hammer. Die Telekom will also in Zukunft dafür sorgen, daß bestimmte Daten ungehindert durch Netz fließen und andere dafür nicht. Denn das großzügige Angebot der ungedrosselten Entertain-Daten beschränkt sich natürlich nur auf das eigene Produkt. Fernsehbilder von anderen Anbietern zählen natürlich zum genutzten Volumen. Das ist das Ende der Netzneutralität!

Die Provider wollen in Zukunft bestimmen, welche Daten mit welcher Geschwindigkeit durch Netz fließen. Daran müssen sie gesetzlich gehindert werden. Die Politik ist gefordert, ihren Sonntagsreden jetzt endlich auch konkretes Handeln folgen zu lassen. Die SPD bspw. garantiert in ihrem Regierungsprogramm 2013-2017, daß sie „eine flächendeckende Breitbandversorgung auch in ländlichen Räumen durch eine Universaldienstverpflichtung gesetzlich absichern“ will. Der Wähler kann im Herbst mit seiner Stimme auch darüber entscheiden, wie wir alle in Zukunft das Internet nutzen können.

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