Ein Schiff wird kommen… vielleicht.

Containerhafen Jade-Weser-Port ohne Fracht.

Alle Welt spricht von Stuttgart 21, dem Flughafen BER oder der Hamburger Elbphilharmonie, wenn es um verzögerte Bauvorhaben und Verschwendung von Steuergeldern geht. Ein Desasterbau wird dabei fast gar nicht erwähnt: Der neue Containerhafen Jade-Weser-Port an der niedersächsischen Nordseeküste bei Wilhelmshaven.

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Am 21. September 2012 ging der Jade-Weser-Port offiziell in Betrieb. Viel Vorschusslorbeer lastete auf dem Hafen. Als erster Tiefwasserhafen an der deutschen Küste sollte er die derzeit größten von den Reedereien weltweit betriebenen Containerschiffe anlocken. Endlich können diese Ozeanriesen direkt und ohne Abhängigkeit von den Gezeiten an einem deutschen Hafen festmachen und ihre Tausende Container umschlagen. Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für die Logistikbranche und die deutsche Wirtschaft insgesamt.

Geplatzte Träume

Diese Träume sind mittlerweile geplatzt. Schon beim Bau erwies sich der Jade-Weser-Port als echtes Problem. Die Bahnanbindung sorgte für mächtig Ärger bei der Bevölkerung. Und Pfusch beim Bau der Kaimauer sorgte für Schäden in Millionenhöhe. Risse in der Stahlkonstruktion der Kajenwand wurden noch während der Bauphase festgestellt. Wer diese Schäden am Ende bezahlen muss, das klären die Gerichte. 589 Mio. EUR, 90 Mio. EUR mehr als ursprünglich geplant, hat der Jade-Weser-Port am Ende gekostet.

Doch die Probleme während des Baus des 130 ha großen Containerterminals sind Nichts gegen die im laufenden Betrieb. Die mögliche Umschlagkapazität beträgt laut Betreiber Eurogate 2,7 Mio. TEU (20 Fuß Container) pro Jahr. Bis zu vier Schiffe mit jeweils bis zu 18.000 Container können am Jade-Weser-Port gleichzeitig abgefertigt werden. Der Hafen könnte mächtig brummen. Doch bis jetzt laufen den Hafen genau zwei Schiffe an. Pro Woche!
Die meiste Fracht, die von der Nordfrost GmbH, dem größten Kunden des Jade-Weser-Ports, umgeschlagen wird, kommt per LKW von den umliegenden Häfen Bremen, Hamburg oder Rotterdam. Die verarbeiteten Obstsorten bringen nur ein paar Container für den Hafen direkt vor der Tür der Kühlhallen. Somit ist der Jade-Weser-Ports einer der wenigen Containerhäfen weltweit, die den Großteil der Fracht über den Landweg umschlagen. Da hätte man sich die teure Kaimauer eigentlich sparen können.

Besserung nicht in Sicht

Eine Besserung ist derzeit nicht in Sicht. Für die meisten Reedereien ergibt es keinen Sinn, Schiffe nach Wilhelmshaven fahren zu lassen. Ganze Logistikketten müssten komplett umgestellt werden, um die bis zu 18.000 Container pro Schiff zeit- und kostengerecht über Wilhelmshaven abwickeln zu können. Dazu sehen die Reeder derzeit keine Veranlassung, da sich die Containerschiffahrt in einer Flaute befindet. Sollten die Frachtraten wieder anziehen, könnte es vielleicht interessant werden, zusätzliche Kapazitäten über den Jade-Weser-Port abzuwickeln. Doch ob es dazu irgendwann kommen wird, ist reine Spekulation.

Das Auslastungsdesaster hat mittlerweile dazu geführt, dass der Betreiber Eurogate für 332 der 400 Mitarbeiter für 12 Monate Kurzarbeit verhängt hat. Auf Kosten der Steuerzahler versteht sich, denn die Agentur für Arbeit zahlt nun einen Großteil der Gehälter.

Der Jade-Weser-Port braucht sich deshalb in der Reihe mit den anderen drei Bauruinen BER, S21 und Elbphilharmonie nicht zu verstecken. Auch die niedersächsischen Landesregierungen unter Christian Wulff und David McAllister verstanden es hervorragend, Steuergelder mit vollen Händen aus dem Fenster zu schmeißen.

Quelle: NWZ

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