Das Ende der DDR: Beginn der Montagsdemonstrationen

25. Jahrestag der ersten Montagsdemo in Leipzig.

Am 04. September 1989 fand die erste Demonstration in Leipzig statt. Diese Demos, die immer größer wurden, zogen dann regelmäßig am Montagabend durch die Leipziger Innenstadt. Sie waren ein Meilenstein der Revolution in der DDR 1989.

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Was mit der Wahlfälschung begann und sich mit der Massenflucht über Ungarn und andere sozialistischen „Bruderstaaten“ im Sommer 1989 fortsetzte, fand seinen Höhepunkt in den friedlichen Demonstrationen der Bürger, die in Leipzig ihren Anfang nahmen. Über alle großen Bezirksstädte, wie Dresden, Halle, Karl-Marx-Stadt, Rostock, Potsdam und Schwerin, aber auch kleinere Städte, wie Plauen, Arnstadt und Nordhausen, breitete sich die Artikulierung des Unmuts der Bürger aus und fegte am Ende die Alleinherrschaft der SED und die DDR insgesamt weg.

Heldenstadt Leipzig

Schon seit 1982 fanden in Leipzig Friedensgebete statt. Die Kirche war der einzig verbliebene Freiraum in der DDR. Zwar wußte jeder, daß die Stasi auch vor den Kirchen keinen Halt in ihrer grenzenlosen Überwachung machte und auch Vertreter der Kirche zu ihrem Spitzel-Apparat zählten, trotzdem konnte und durfte man in den Räumen der Kirche seine Meinung einigermaßen frei äußern, ohne mit direkten Sanktionen rechnen zu müssen. Auch gab es in den Kirchen Bücher, Zeitschriften und Publikationen zu lesen, die sonst für Menschen in der DDR unerreichbar gewesen waren. Hier gab es die Freiräume dafür.
Allein diesem Umstand ist geschuldet, daß ein Großteil der Widerstands-Aktionen und Untergrundarbeit in den Kirchen stattfanden. Mit religiösen oder kirchlichen Ansichten der Menschen, wie es später vor allem von westdeutschen Beobachtern (um)gedeutet wurde, hatte dies absolut nichts zu tun.

Die erste Montagsdemo fand am 04. September 1989 in Leipzig statt. Bürgerrechtler hatten sie initiiert. Inhaltlich ging es an diesem Montag vor allem um Reisefreiheit und die Möglichkeit zur ständigen Ausreise. „Wir wollen raus!“ und „Freiheit!“ waren die Rufe, die man hören konnte. Nach dem Eingreifen der Stasi skandierten die Demonstranten „Stasi raus!“ – das hatte man so öffentlich bis dahin noch nicht gehört.

Solche Demonstrationen fanden nun regelmäßig am Montagabend um 17 Uhr nach dem Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche statt. Und aus der zunächst überschaubaren Demo wurde eine echte Massendemonstration der Leipziger Menschen, ganz normaler Bürger aus allen Schichten der Gesellschaft. Jeden Montag kamen ein paar mehr. Und auch in anderen Städten der DDR formierten sich die Protestumzüge. Bilder davon gelangten in die BRD-Medien und so auch zur DDR-Bevölkerung.

Leipzig, 09. Oktober 1989

Die SED sah darin eine echte Gefahr für ihre Herrschaft. Die Genossen sahen sich an den 17. Juni 1953 erinnert, dem „schwarzen Mittwoch der SED“. Auch damals hatten sich die Proteste hochgeschaukelt. Ging es am Anfang nur um die erhöhten Arbeitsnormen, so wurde am Ende die Abschaffung der Vorherrschaft der SED und des Sozialismus gefordert.

Soweit wollte es die SED nicht wieder kommen lassen. Deshalb wurden Pläne geschmiedet, um die Massendemonstration ein für alle Mal zu beenden. 1953 waren es die sowjetischen Panzer und so ähnlich stellten sich das die Genossen auch für 1989 vor. Das Eingreifen der chinesischen Führung auf dem „Platz des himmlischen Friedens“ mit über 2.000 Toten und zahlreichen Verletzten war noch bei allen in frischer Erinnerung. Stasi, Kampfgruppen, Polizei und Armee sollten in Leipzig eingreifen.

Wahrscheinlich hätte es ein Blutbad gegeben. Die umliegenden Krankenhäuser wurden bereits angewiesen, Blutpräparate in großer Menge vorzuhalten. Doch soweit kam es an diesem Montag, dem 09. Oktober 1989 nicht. Angesehene Bürger der Stadt redeten auf die SED-Parteiführung vor Ort ein und Bürgerrechtler verteilten 25.000 Flugblätter an Bürger und Sicherheitsorgane, in denen zum Gewaltverzicht aufgerufen wurde. „Keine Gewalt!“ war die Losung des Abends.
Trotz der über Stadt schwebenden Drohung versammelten sich auch diesem Abend wieder zahlreiche Bürger zur Montagsdemo. Sie riefen „Auf die Straße!“ und immer mehr Menschen schlossen sich dem Demonstrationszug durch in die Leipziger Innenstadt an.

Neben „Keine Gewalt!“ riefen die Demonstranten auch immer wieder „Wir sind das Volk!“, den Schlachtruf der friedlichen Revolution. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß dort nicht ein paar Chaoten randalierten, sondern das Volk, der kleine Bürger seinen Unmut über die Politik der SED zum Ausdruck brachte. Das Volk demonstrierte hier, was die SED verkündete war nicht die Meinung des Volkes.

Zur Überraschung vor allem der Stasi entwickelte sich die Demo zu einer echten Massendemonstration von über 70.000 Menschen, die auch an der Leipziger Stasi-Zentrale, der berüchtigten „Runden Ecke“ vorbei zog. Der Anblick dieser riesigen Masse ließen die Sicherheitsorgane wohl schlußendlich kapitulieren. Mit so vielen Menschen hatten die Genossen nicht gerechnet. Damit war ein Damm gebrochen. Die SED konnte sich dem Volk nicht mehr entgegenstellen.

Das Ende der DDR

Nach dieser Nacht begannen die inneren Strukturen der DDR, der Stasi, der bewaffneten Organe und der Partei SED förmlich zu zerbröseln. Man wollte einfach nicht mehr der Herrschaft von Honecker, Mielke und Co. gegen das eigene Volk dienen. Die Revolution im Herbst 1989 in der DDR konnte so zu ersten friedlichen auf deutschem Boden werden.

Was in Leipzig begann, führte schlußendlich zum Untergang der DDR knapp ein Jahr später.

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