Segeln die Piraten nach rechts?

Die Piratenpartei gerät zur Zeit in rechtes Fahrwasser und muß extrem aufpassen, nicht auf Grund zu laufen.

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Sind die Piraten am Ende, bevor sie die Küste sehen? Noch bevor sie überhaupt die erste große Schlacht (Bundestagswahl) geschlagen haben und zur Enterung (Bundestag) übergegangen sind?

Zur Zeit tauchen sehr unschöne Grautöne oder besser gesagt Brauntöne im Antlitz der Piraten auf. Die große Empörung schwappt zur Zeit durch das Netz und die Piraten bekommen mächtig Gegenwind.

Auslöser der Geschichte, die das schnelle Ende der Piratenpartei als ernstzunehmende politische Alternative bedeuten kann, ist die Wahl von Bodo Thiesen in eine offizielle Partei-Funktion.
Dieser Bodo Thiesen ist sich -um es mit den Worten von Kathrin Schuster zu sagen- „nicht ganz sicher, wie das damals war mit dem Holocaust“. Auch mit dem Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen hat er so seine Verständnisschwierigkeiten. Man kann es auch als Gesinnung verstehen.

Die Piraten wußten offenbar vor der Wahl Thiesens in eine Parteifunktion ganz genau, um wen es sich handelt. Trotzdem wählten sie ihn.
Damit kommen die Piraten in einen schweren Sturm, der ihren Untergang bedeuten kann. Die Partei als solche und die Parteiführung insbesondere haben jetzt die Aufgabe, sich von solch einer Person zu trennen -und zwar ohne Wenn und Aber- und öffentlich und mit aller Entschiedenheit solche rechte Tendenzen für jetzt und alle Zukunft auszuschließen.

Im Moment hält sich die Parteiführung der Piraten eher bedeckt oder agiert halbherzig. Man verweist per Twitter auf alte Aussagen und Maßnahmen des Bundesvorstandes über und gegen Thiesen. Warum stellt man ihn trotzdem auf und wählt ihn? Oder man verweist auf eine Stellungnahme zu Geschichte und Verantwortung, in der Thiesen allerings wieder einen Überfall Polen bestreitet. Was soll das?
Als Rechtfertigung ist das alles eher ungeeignet und hinterläßt einen negativen Eindruck. Dieser wird sich auf die gesamte Partei übertragen und kann das schnelle Aus der politischen Alternative zu den etablierten Parteien bedeuten, wenn man nicht schnellstens reagiert.
Schon jetzt gibt es die ersten Boykottaufrufe gegen die Piraten. Die Bundestagswahl und einen Einzug in den Bundestag können sich die Piraten dann abschminken. Dann zeigt der Wähler den Piraten das Stop-Schild.

Haben die Piraten wirklich die Augenklappe auf dem rechten Auge?
Sie werden jetzt beweisen müssen, wie demokratisch sie sind und ob sie überhaupt wählbar sind.

Diskussionen im Netz:
Quo vadis Piratenpartei?
Damit das klar wäre. Oder: Die Holzbeine der Piraten
Bodo Thiesen + die Piratenpartei = rechts?

Ordnungsmaßnahme der Piraten gegen Theisen in 2008

Stellungnahme vom Vorsitzenden der Piratenpartei Jens Seipenbusch im FOCUS

achtung Update (07.07.09): Der Bundesvorstand hat jetzt eine Stellungnahme abgegeben. Thiesen wird darin aufgefordert, sich binnen 24 Stunden von seinen fragwürdigen Äußerungen eindeutig und endgültig zu distanzieren. Sonst drohen ihm nicht näher bezeichnete Maßnahmen durch den Bundesvorstand der Piraten.
Geht doch. Ein erster Schritt in die richtige Richtung.

achtung Update2 (09.07.09): Bodo Thiesen hat sich in einem offenen Brief von seinen Äußerungen distanziert.
Wieder sträubt er sich, das Wort „Überfall“ in den Mund zu nehmen. Auch sonst variiert er eher Altbekanntes.

achtung Update3 (10.07.09): Aaron Koenig vom Bundesvorstand der Piraten äußert sich zu dem Fall Thiesen und wirkt dabei schon wie ein gestandener Groß-Koalitionär: Aalglatt und leicht überheblich, ganz PR-Profi. Soll das der neue Wind in der Politik sein?

achtung Update4 (10.07.09): Offener Brief einiger Piraten an Thiesen, in dem sie den Brief von ihm (siehe Update2) kommentieren und die darin getroffenen Äußerungen als unzureichend bezeichnen. Thiesen wird aufgefordert, von seinem Parteiamt und dem Listenplatz zurückzutreten und die Mitgliedschaft bei den Piraten zu überdenken.

achtung Update5 (17.07.09): Der Bundesvorstand der Piraten hat entschieden, Thiesen seiner Ämter zu entheben und ein Parteiauschlußverfahren einzuleiten.

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9 Kommentare

  • steve

    Ich verstehe nicht ganz wie du hier einen „Rechtsruck“ der Piratenpartei fabrizieren willst.

    Die Person steht mit ihren Aussagen aus dem Jahr 2003 in der Partei völlig alleine. Sie wurde dafür verwarnt, ihr aber auch die Chance gegeben in der Partei zu bleiben, wenn sie zeigt, dass sie daraus gelernt hat. Seitdem gab es keine Äußerungen wie 2003 mehr.

    Trotzdem wird man jetzt nochmal eine klare Stellungnahme einfordern, dann wird entschieden, welche weiteren Schritte notwendig sind.

    Das er auf dem Parteitag gewählt wurde hängt wohl größtenteils daran, dass die Hälfte der Piraten weniger als einen Monat in der Partei sind und nicht zu jedem Kandidaten, der sich selbst aufstellt, die komplette Biografie auswendig kannten.

    Ich bin kein Mitglied der Piratenpartei.

  • El Tripulante

    „Die Piraten wußten […]“
    Zunächst mal bitte: Wer sind DIE Piraten? Wer ist DIE CDU? DIE SPD?
    Das ist doch Unsinn! Viele wussten es wohl eben nicht! Ich bin mir sicher, dass Thiesen sonst eben nicht gewählt worden wäre.
    Selbiges gilt natürlich für „Haben die Piraten wirklich die Augenklappe auf dem rechten Auge“…

    Ich empfehle außerdem diesen Artikel des FOCUS.

  • Pingback: Mir egal WIE braun die Sauce ist... | bindermichi.de

  • Pingback: dunkelangst.org » Blog » Quo vadis Piratenpartei?

  • @steve: Ich will hier gar nichts „fabrizieren“. Ich stelle nur fest und die passenden Fragen. Außerdem warne ich vor den Folgen, die der noch jungen Partei daraus erwachsen können.

    @El Tripulante: Offenbar gab es auch auf der Bundesversammlung Nachfragen zu Thiesen. Die Teilnehmer waren sich der Brisanz dieser Personalie also sehr bewußt.

    —————

    Es geht jetzt um eine unmißverständliche Verlautbarung des Bundesvorstandes. Zum einen, um das Thema ein für alle mal vom Tisch zu bekommen, aber auch, um den politischen Konkurrenten keine Angriffsfläche zu bieten, denn die werden alles benutzen, um einen vielleicht unrealistischen aber doch möglichen Einzug in den Bundestag zu verhindern.
    Ob der FOCUS das dafür geeignete Medium ist, darf bezweifelt werden.

  • steve

    @Beobachter:
    „aber auch, um den politischen Konkurrenten keine Angriffsfläche zu bieten“
    Rate mal, wen die ganzen Konservativen in ein, zwei Tagen zitieren werden, um ein „Zerwürfnis in der Kinderschänder- und Holocaustleugnerpartei“ herbeizureden?

    Genau solche vollkommen unreflektierten Blog-Einträge. (Grüße auch an fixmbr)

    Schade, dass die Strategie „Informieren, Denken, Schreiben“ die bei der Internetsperren-Debatte so erfolgreich war, jetzt auf einmal auf dem Misthaufen der Geschichte liegt.

    Wenn ich dieses „hängt-ihn-höher“-Geschrei höre, verstehe ich die Welt nicht mehr. Vor einer Woche – in bewusst schwierigem Umfeld – aufgestanden für Bürgerrechte und Freiheit und jetzt auf einmal ist es zu viel jemandem 24 Stunden Zeit für eine Stellungnahme zu geben?

    „Offenbar gab es auch auf der Bundesversammlung Nachfragen zu Thiesen.“
    Ja.

    „Die Teilnehmer waren sich der Brisanz dieser Personalie also sehr bewußt.“
    Nein. Wenn du siehst, wie Herr Thiesen diese Anfrage abgewatscht hatte – da konnte sich niemand eine Meinung dazu bilden. Und angesichts von 8 Stunden Verspätung wurde dieses Thema leider nicht weiter verfolgt, da die „älteren“ Parteimitglieder die Sache nach der Verwarnung 2008 für gegessen hielten, die „jüngeren“ allerdings weder über die Sache, noch über die Verwarnung Bescheid wussten.

    Mein Vorschlag: Geh doch mal ganz unverbindlich zu einem Piraten-Stammtisch und mach dir selbst ein Bild. Du wirst überzeugte Demokraten vor dir sitzen sehen, die absolut hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Landes stehen.

  • Pingback: Impactsuspect » Die Piratenpartei und die Sache mit dem Revisionismus

  • @steve: Auch der Bundesvorstand der Piraten hat sich den „unreflektierenden Bloggern“ angeschlossen und Thiesen ein Ultimatum, das heute abläuft, gestellt. Dann wird man sehen, was weiter passiert.

    Nur um das nochmal klarzustellen: Es geht um den Schutz der Piraten vor dem braunen Müll, der von einem Einzelnen auf die ganze Partei abfärben kann. Denn wenn ein Mitglied, das in ein Parteiamt gewählt wird, sich in der Weise zu Holocaust und 2. Weltkrieg äußert, dann muß der Bundesvorstand reagieren. Die SPD würde sagen: „Klare Kante“.
    Und das hat der Bundesvorstand der Piraten jetzt auch begriffen und dementsprechend reagiert.

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