Ausgequalmt: Das Ende des Diesel-Motors

Das Verwaltungsgericht Stuttgart gibt mit seinem Urteil dem Diesel-Fahrzeug den Todesstoß.

Das hatten sie sich schön ausgedacht, die Autohersteller und die Politik in Person von Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU). Am kommenden Mittwoch wollten sie sich publikumswirksam auf dem „Diesel-Gipfel“ zusammensetzen und dabei Maßnahmen zur Rettung des Diesel-Motors beraten. Die Hersteller wären sicherlich ein wenig kleinlauter als sonst aufgetreten, nach der Aufdeckung des Kartells ist das ja auch das Mindeste, was man erwarten darf. Dafür hätten sie mit ihren Software-Updates eine einfache und praktikable Lösung präsentiert und damit den Ausweg aus dem Skandal aufgezeigt.

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Und Dobrindt hätte den großen Zampano gespielt, nach dessen Pfeife alles tanzt. Wenn Dobrindt will, dann müssen die Autohersteller springen, das Zulassungsverbot für den Porsche Cayenne sollte dafür der Beweis sein. Doch dieses Manöver war völlig durchschaubar. Niemand juckt die betroffenen 22.000 Fahrzeuge wirklich, zuallerletzt Porsche selbst. Daß der Motor von Audi stammt und in zahlreichen andere Fahrzeuge des VW-Konzerns ebenfalls verbaut wird, blieb ebenso unbeachtet wie die Tatsache, daß damit bereits tausende Fahrzeuge herumfahren und die Umwelt verpesten. Man hätte die Typzulassung für alle Fahrzeuge mit dem 3-Liter-TDI-Motor widerrufen und alle Fahrzeuge mit diesem Motor sofort stillegen müssen. Das wäre eine richtige Reaktion gewesen. Das Zulassungsverbot von Dobrindt war dagegen einfach nur lächerlich.

Trotzdem dachten Politik und Hersteller, daß sie mit diesem Plan durchkommen würden. Auch das ist ein Zeichen, für wie beschränkt sie die deutsche Öffentlichkeit und nicht zuletzt ihre eigenen Kunden halten.

Ende der Vorstellung

Aus diesem Schmierentheater wird nun nichts mehr. Zum einen dürfte selbst Dobrindt mittlerweile verstanden haben, daß ein Software-Update niemals ausreichend sein wird, um die manipulierten Diesel-Motor und deren Abgasemissionen gesetzeskonform zu machen. Ohne teure Hardware-Nachrüstungen mit denen die Abgasreinigung durch das Einspritzen von Harnstoff effektiv erfolgen kann, wird es nicht funktionieren, die Abgasgrenzwerte bei den betroffenen Dieselmotoren endlich einzuhalten.

In mittlerweile aufgetauchten internen Papieren von Audi steht ganz klar, daß eine solche Hardware-Nachrüstung Kosten in Höhe von mehreren tausend Euro pro Fahrzeug verursachen würde. Es dürfte jedem klar sein, daß diese Lösung die Autohersteller finanziell überlasten würde. Aus diesem Grund versuchten die Autohersteller bis zum heutigen Tag das Software-Update, das nur wenige hundert Euro kosten würde, als die Lösung für das Diesel-Desaster zu verkaufen. Fahrverbote – das Schreckgespenst aller – sollten damit verhindert werden.

Urteil des VG Stuttgart

Seit heute ist die Software-Lösung vom Tisch. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat entschieden, daß Fahrverbote in Stuttgart nicht nur grundsätzlich möglich sondern sogar wahrscheinlich werden. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die den existierenden Luftreinhalteplan für Stuttgart für unzureichend hält.

Die Richter waren der Meinung, daß es nichts Wichtigeres gibt als die „schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid“. Der Luftreinhalteplan fällt damit in den Augen der Richter genauso durch wie die geplanten Umrüstaktionen der Autohersteller, bei der die besagten Software-Updates für weniger Abgase sorgen sollten. Fahrverbote wären die dagegen einzigen geeigneten Mittel, um die Grenzwerte für Stickoxide schnellstmöglich in den Griff zu bekommen, weil „alle anderen Maßnahmen von ihrem Wirkungsgrad her nicht gleichwertig“ seien, so die Richter.

Deshalb droht nun ab dem kommenden Jahr 2018 in Stuttgart ein Fahrverbot für alle Dieselautos unterhalb der Euro6-Norm. Und das nicht nur an einzelnen Tagen, sondern dauerhaft das ganze Jahr hindurch. Besitzer solcher Diesel-Fahrzeuge dürfen diese dann nicht mehr in Stuttgart betreiben.

Da die Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart sich der Tragweite ihres Urteils sehr wohl bewußt sind, haben sie sich auch zu den Auswirkungen geäußert und sämtliche Einwände zurückgewiesen. Ein Fahrverbot sei demnach verhältnismäßig, weil die Gesundheit der Menschen mehr wiege als die Eigentumsrechte der Autohalter. Auch das Argument, daß dann viele Diesel-Fahrer auf andere Zonen und Orte ausweichen werden, ließen die Richter nicht gelten. Dann müßte in diesem Gebieten halt ebenfalls ein Verbot erlassen werden. Auch der Wunsch nach mehr Zeit wurde abschlägig beschieden, dafür gebe es „keine sachliche Rechtfertigung“.

Der Diesel ist am Ende

Dieses Urteil ist ein echter Todesstoß für den Diesel. Die Lawine ist damit losgetreten. Zwar ist der Richterspruch noch nicht rechtskräftig, der baden-württembergischen Landesregierung steht das Recht der Berufung zu, doch die Tendenz dürfte damit klar geworden sein. Der Schutz der Gesundheit der Menschen hat absoluten Vorrang. Dafür müssen von den derzeit betriebenen Fahrzeugen die geltenden Grenzwerte für die Abgase eingehalten werden. Und das nicht irgendwann oder in Stufen, sondern jetzt und sofort und für immer. Autos, die mehr Abgase in die Luft blasen als das erlaubt ist, dürfen nicht mehr betrieben werden. So einfach ist das. Kein Lamentieren, kein Beschwichtigen oder Updaten. Sauber oder Fahrverbot heißt die Devise.

Dem Beispiel Stuttgart werden schnell andere Städten folgen. Die DUH hat zahlreiche weitere Klagen angestrengt, die demnächst verhandelt werden. Wenn die dauerhaften Fahrverbote für dreckige Diesel in absehbarer Zeit in vielen deutschen Großstädten eingeführt werden, wird sich niemand mehr ein Fahrzeug mit Diesel-Motor anschaffen, weil er damit nur noch in ausgewählten Gebieten unterwegs sein könnte. Dann ist das Ende des Diesel-Motors endgültig gekommen. Und daran ist die Autoindustrie ganz allein schuld.

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