Österreich entschärft DSGVO.

In 4 Wochen tritt die DSGVO europaweit in Kraft. Österreich verringert nun drastisch die möglichen Strafen.

Ein Gespenst geht derzeit in der Wirtschaft um, und zwar sowohl in der Online-Wirtschaft als auch in den herkömmlichen offline Unternehmen. Dieses Gespenst hat einen Namen und der lautet: DSGVO. Das steht für Datenschutzgrundverordnung und die ist genauso sperrig, wie der Name verspricht.

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DSGVO sorgt für Verunsicherung

Im Netz scheint es derzeit nur noch ein Thema unter Unternehmern zu geben. Die horrenden Sanktionen, die jedem Unternehmen drohen, wenn es die neuen Datenschutzverordnungen nicht haarklein umgesetzt hat, wenn die Datenschutzgrundverordnung am 25.05.2018 nach 2-jähriger Einführungsphase endgültig an den Start geht.

Über 30 Prozent der Unternehmen, so schätzt man, haben sich bislang überhaupt noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt. Weitere 30 Prozent sind zwar schon mit dem Thema vertraut, die Umsetzung läßt aber noch auf sich warten. Vor allem kleine und mittlere Betriebe haben hier einen deutlichen Nachholbedarf.

Warum das so ist, läßt sich leicht erklären. Vor allem kleine Unternehmen, die oft nur aus dem Unternehmer selbst und vielleicht ein paar freien Kräften bestehen, haben oftmals gar nicht die Zeit, sich mit den sperrigen alles andere als leicht z verstehen Regelungen auseinander zusetzen, geschweige diese auch korrekt und rechtlich sicher umzusetzen. Für professionelle Hilfe von außen fehlt meist das Geld.

So kann man wohl bereits heute fest davon ausgehen, daß vor allem über die deutsche Wirtschaft ab dem 25. Mai ein wahrer Abmahn-Tsunami hinweg rauschen wird. Die Abmahnanwälte haben sicherlich bereist die fertigen Formulare im Kopierer und wittern die große Chance, an leicht verdientes Geld zu kommen.

Österreich geht auf die Bremse

Ein ähnliches Treiben haben wohl die Österreicher befürchtet. Um die DSGVO, die ja grundsätzlich dem verbesserten Datenschutz für Kunden, Interessenten und Internetnutzer dienen soll, nicht zum einem Vernichtungswerkzeug für die heimische Wirtschaft werden zu lassen, hat die Österreichische Regierung jetzt plötzlich und unerwartet die meisten Sanktionsmechanismen in der DSGVO entschärft, wie heise berichtet.

So soll es pauschal nur noch Strafen für Wiederholungstäter geben. Und selbst dabei gibt es noch Ausnahmen. Abmahnanwälte, die wie in Deutschland die Unwissenheit einzelner Unternehmer ausnutzen und deshalb besonders bei Erstverstößen abkassieren wollen, haben bei unserem südlichen Nachbarn nun keine Chance mehr.

Doch die Liste der Ausnahmen geht noch weiter. So sollen öffentliche Einrichtungen immer straffrei bleiben, und „gemeinnützige“ Organisationen, die im Auftrag betroffener Bürger Datenschutzverletzungen anzeigen, dürfen dafür vom Täter keinen Schadenersatz verlangen. Damit wird auch den Prozessfinanzierern das Handwerk gelegt. Denn für einen einzelne Klage vor Gericht zu ziehen, lohnt sich für diese Organisationen in der Regel nicht.

Und das ist immer noch nicht alles. Journalisten dürfen personenbezogene Daten für journalistische Zwecke verarbeiten und dabei wichtige Punkte der DSGVO ignorieren. Zudem muss die Datenschutzbehörde das Redaktionsgeheimnis berücksichtigen. Wissenschaftler und Künstler dürfen personenbezogene Daten für wissenschaftliche, künstlerische und literarische Zwecke, ohne daß dafür die DSGVO zur Anwendung kommt.

Ganz allgemein betrachtet will Österreich bei der Umsetzung der DSGVO nach dem Prinzip „Verwarnen statt Betrafen“ verfahren. Die Verhältnismäßigkeit soll jederzeit gewahrt bleiben, insbesondere bei Erstverstößen. Eine Einstellung, die bei Unternehmen, Behörden, Organisationen und nicht zuletzt den Bürgern auf großes Verständnis stoßen dürfte

Lage in Deutschland

Von soviel Einsicht können die Deutschen bislang nur träumen. Hier schwebt über jedem das Damoklesschwert namens Abmahnung. Und das bereits bei kleinsten und Erstverstößen. So wird die Abmahnindustrie ab Mitte Mai wieder zeigen können, wie effektiv sie arbeitet.

Es sei denn die neue Bundesregierung läßt sich vom Vorstoß Österreichs beeindrucken und zieht nach. Bei der zersplitterten Kompetenzlage zu den Themen Digitalisierung, Netz, Recht, Wirtschaft und Bürgerrechte würde es aber einem echten Wunder gleichkommen, wenn auch Deutschland die DSGVO ähnlich dramatisch entschärfen würde wie das die Österreicher getan haben.

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Ein Kommentar

  • Miriam Rahbar

    Das fände ich in Deutschland ebenfalls angebracht. Gerade kleine Webseitenbetreiber in meinem Umfeld sind sehr verunsichert und spielen teilweise sogar mit dem Gedanken, Ihre Webseite komplett abzuschalten :(.