Der digitale Amoklauf der GroKo

Neben der Änderung des Telemediengesetzes hat die GroKo heute das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, besser bekannt als Facebook-Gesetz beschlossen.

Dieser digitale Amoklauf der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD ist wirklich bemerkenswert. Für viele Abgeordnete der GroKo ist das Internet auch im Jahre 2017 immer noch #Neuland. Und viele haben diese neue Land noch nicht einmal betreten, beschließen aber munter Gesetze darüber, die noch Jahre später negativ spürbar sein werden.

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Digitale Gesetze

Der heutige Freitag, der 30. Juni 2017 sticht wahrlich aus den normalen Sitzungstagen des Deutschen Bundestages hervor. Neben der längst überfälligen Öffnung der Ehe für alle, die durch einen Populismus-Unfall der Kanzlerin und mehr noch durch die längst überfällige Zusammenarbeit der eher linken Kräfte im Bundestag endlich möglich wurde, beschloß das Parlament heute zahlreiche weitere Gesetze. Eines davon war eine erneute Änderung des Telemediengesetzes.

Telemediengesetz

Die weltweit nur in Deutschland bekannte Störerhaftung soll durch das abermals geänderte Telemediengesetz endgültig abgeschafft werden. Nun aber wirklich. Bereits im vergangenen Jahr unternahm die GroKo einen Versuch, das freie WLAN endlich auch Deutschland zu ermöglichen, besser gesagt: nicht länger zu verhindern. Dieser Versuch scheiterte kläglich. Die dringend notwendige Rechtssicherheit konnte für die Betreiber der sogenannten Hotspots nicht erreicht werden.

Tatsächlich scheint es nach ersten Begutachtungen des Gesetzes diesmal tatsächlich gelungen zu sein, daß sich Anbieter von freien WLAN-Netzen künftig weniger Sorgen wegen etwaiger Abmahnungen von Rechteinhabern machen müssen. Doch was vorne verbessert wurde, reißt die GroKo mit dem Hintern gleich wieder ein. Das Dritte Telemedienänderungsgesetz sieht doch tatsächlich die Möglichkeit vor, daß die WLAN-Betreiber zur Einrichtung von Netzsperren verpflichtet werden können.

Netzsperren, die Untoten der #Neuland-Gegner steigen also abermals aus ihren analogen Gräbern. Unglaublich, wie beratungsresistent und lernunwillig viele Entscheider in den Reihen der GroKo sind. Der Deal heißt also Ende der Störerhaftung gegen Wiederbelebung von Netzsperren. Daß Zensursula das noch erleben durfte. In puncto Telemediengesetz ist also noch lange nicht das letzte Wort gesprochen.

Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Mit dem Entschluß zum Telemediengesetz hatte die GroKo ihr Pulver noch lange nicht verschossen. So wurde ebenfalls heute das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, besser bekannt als Facebook-Gesetz beschlossen. Gegen alle Vernunft und gegen alle Ratschläge.

Entweder will Bundesjustizminister Heiko Maas nicht begreifen, daß dieses #NetzwerkDG eine Steilvorlage für breite Zensur im Internet ist, oder er will es nicht begreifen. Seine juristische Ausbildung sollte ihm die richtige Erkenntnis eigentlich ermöglichen. Doch Maas will sich offenbar lieber den Orden des Facebook-Bezwingers ans Revers heften als auf die Ratschläge einzugehen.
Dabei sollte ihm als Justizminister klar sein, daß es nicht sein kann, daß künftig die Plattform-Betreiber in Eigenregie entscheiden müssen, welche Äußerungen ihrer Nutzer gegen geltendes Recht verstoßen könnten, und daß sie diese Äußerungen deshalb binnen weniger Tage oder Stunden löschen müssen, sonst drohen ihnen Strafen in astronomischer Millionenhöhe. Daß die Betreiber keine Richter sind und lieber zu viel als zu wenig löschen werden, kann sich jeder Jura-Student im Erstsemester an einem Finger abzählen.

Diese absehbare Auswirkungen auf die freie Meinungsäußerung im Netz nennt sich Zensur, das weiß Heiko Maas ganz genau. Und das macht die heutige Entscheidung umso schlimmer. Mal wieder wurde dem Populismus Vorrang vor der Freiheit eingeräumt. Das ist politischer Amoklauf.

Vorratsdatenspeicherung

Daß die zum 01. Juli geplante Vorratsdatenspeicherung, der andere immer wiederkehrende Zombie der #Neuland-Entdecker, abermals von Gerichten einkassiert wurde, ist da nur noch eine Randnotiz.

Diesmal machte das Oberverwaltungsgericht (OVG) für Nordrhein-Westfalen dem Spuk ein Ende und die Bundesnetzagentur war so schlau, die zum Anfang Juli geplante Einführung der Vorratsdatenspeicherung vorerst auszusetzen. Provider sind deshalb nicht verpflichtet, die Überwachungsmaßnahmen technisch umzusetzen.

Nachdem die Vorratsdatenspeicherung nach Ansicht des OVG gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) verstößt, ist nicht damit zurechnen, daß dieses Teilchen des Überwachungsstaates so schnell wieder kommen wird.

Fazit

Die vergangenen vier Jahre, in denen die jetzige große Koalition aus CDU, CSU und SPD das Land regierte, ist nicht nur durch Stillstand gekennzeichnet, es ist auch ein digitales Desaster, das diese Koalition hinterläßt. Noch immer haben die meisten der dafür verantwortlichen Politiker nicht die Wichtigkeit des Internets und die bevorstehenden epochalen Umbrüche der digitalen Revolution erkannt. Statt endlich flächendeckend für schnelle Internetzugänge und die Verbreitung von technischem Wissen zu sorgen, gefiel sich die GroKo darin, immer neue Beschränkungen und Überwachungsmechanismen zu erfinden.

Das ist ein digitaler Amoklauf durch den die wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Zukunft unseres Land direkt vor die Wand gefahren wurde. Gut, daß diese Legislaturperiode heute praktisch zu Ende gegangen ist und der Wähler in wenigen Wochen das Wort hat.

Sollte Merkel es im Herbst jedoch schaffen und abermals eine Bundesregierung zustande bringen, dann ist für die Zukunft allerdings alles Negative möglich. Der Wähler hat es in der Hand.

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