Die Folgekosten der Atomkraft

Das Ende des Verursacherprinzips. Atomkonzerne wollen sich aus der Verantwortung stehlen.

Seit Jahrhunderten gilt unter ehrlichen Kaufleuten das Verursacherprinzip. „Wer die Musik bestellt, muß sie auch bezahlen“ ist das geflügelte Sprichwort für eine Selbstverständlichkeit. Wer immer Kosten verursacht, der muß sie am Ende auch bezahlen. So läuft das unter unter ehrbaren Menschen.

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Die Atomkonzerne sind jedoch ganz offensichtlich weder ehrbar noch ehrliche Kaufleute. Sie wollen die Kosten, die die Nutzung der Kernenergie verursacht hat, der Allgemeinheit aufhalsen. Sie verfahren nach dem Motto „Gewinne privatisieren, Kosten und Risiken vergesellschaften“. Die Bundesregierung ist ihr dabei behilflich.

Abrißkosten

Einige der jahrzehntealten, schrottreifen Atommeiler wurden in Deutschland bereits stillgelegt. Die restlichen werden bald folgen. Kanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich mußte das Ende der Nutzung der Kernenergie in Deutschland verkünden, nachdem sich im japanischen Fukushima auch die letzten feuchten Träume der Atomkraftbefürworter mit einem lauten Knall, noch dazu live im Fernsehen verabschiedet haben.

Wenige Monate vorher hatte Merkel den unter Rot-Grün ausgehandelten Atomausstieg rückgängig gemacht und den Atomkonzernen weitere Jahre des Gelddruckens versprochen. Nach dem Super-GAU in Fukushima drehte Merkel ihr Mäntelchen wieder mal schnell in den Wind.

Für die Atomkonzerne sind seitdem schwere Zeiten angebrochen. Traumgewinne von rund 1 Million Euro pro Tag pro Atommeiler gehören nun der Vergangenheit an. Vielmehr kommen jetzt milliardenschwere Folgekosten auf sie zu. Allein der Abriß der Atomkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls, der mindestens 1 Million Jahre sicher verwahrt werden muß, wird die Atomkonzerne wahrscheinlich mehr kosten, als sie jemals an Gewinnen aus der Atomnutzung eingenommen haben.

So wäre es zumindest, wenn die Atomkonzerne ehrliche Kaufleute wäre. Doch sie haben in der Bundesregierung einen verläßlichen Partner, der alles dafür tun wird, damit die Atomkonzerne ihr vieles schönes Geld nicht für die Folgekosten der Atomkraft ausgeben müssen.

Fonds

Unter großem medialen Getöse wurde unlängst beschlossen, daß E.on, RWE, Vattenfall und EnBW, die jahrzehntelang fette Gewinne mit ihren Atommeilern gemacht haben, die Summe von 23,3 Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen müssen, aus dem die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls bezahlt werden sollen. Selbstredend können große Teile dieses Geldes von den Atomkonzernen steuerlich geltend gemacht werden.

Der Abriß der AKW und die sichere Verpackung des hoch strahlenden Mülls bleibt weiterhin in der Verantwortung der Atomkonzerne. Dafür haben sie Rücklagen in Höhe von 21 Milliarden Euro gebildet.

Kostensteigerungen sozialisiert

Das klingt zunächst einmal gut. Doch die Sache hat einen entscheidenden Haken. Sollte die Atommüll-Lagerung am Ende teurer werden als die 23,3 Mrd. Euro, die sich im Fonds befinden, dann haftet für Steigerung allein die Allgemeinheit. Die Atomkonzerne sind fein raus. Für sie steht die Summe, die sie in den Fonds einzahlen müssen, schon heute fest.

Die Kosten für die Atommüll-Lagerung werden jedoch kräftig steigen. Das ist bereits heute absehbar. Selbst nach den geschönten Kostenschätzungen der AKW-Betreiber und den darauf aufbauenden Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums unter Minister Gabriel (SPD) werden die Kosten allein bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf rund 182 Milliarden Euro anwachsen!

Diese Kosten werden die nachfolgenden Generationen an Steuerzahlern tragen müssen. Die heutigen AKW-Betreiber wird man dann wahrscheinlich gar nicht mehr namentlich kennen. Und die Zeit, in der Atommüll sicher gelagert werden muß, hat gerade erst begonnen.

Nachhaftung

Der Bundestag müßte jetzt aktiv werden, damit in den Verträgen auch eine Nachhaftung für steigende Kosten berücksichtigt wird. Doch mit den jetzigen Mehrheiten wird es wohl nicht dazu kommen. Schwarz-Rot dominiert das Parlament und besonders CDU und CSU sind in der Vergangenheit eher nicht als Atomkraftgegner aufgefallen.

Es wird mal wieder die Kuh namens Steuerzahler gemolken.

Damit darf der Stromkunde die Atomkraft zum dritten Mal subventionieren. Zunächst wurde den Energiekonzernen der Einstieg in die Atomkraftnutzung mit einem dreistelligen Milliardenbetrag versüßt, dann bekamen die Atomkonzerne mit jeder verkauften Kilowattstunde einen Cent-Betrag für die Folgekosten der Atomkraft überwiesen und jetzt darf die Bevölkerung die Kosten der Atommüll-Lagerung übernehmen.

Atomstrom ist tatsächlich billig, aber nur für die Energiekonzerne. Der Stromkunde darf ihn doppelt und dreifach bezahlen.

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