Analyse der Landtagswahlen

Welche Schlüsse läßt sich aus den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ziehen?

Die Wahlen in den drei Bundesländern sind gelaufen. Die Sieger haben sich gefeiert und die Verlierer lecken sich noch immer ihre Wunden.

Anzeige

Die Schlüsse, die sich aus den Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ziehen lassen, dürften für die weitere politische Entwicklung in Deutschland äußerst wichtig und spannend sein.

Diese Schlüsse lassen sich aus den gestrigen Wahlen ziehen:

AfD

Die AfD kann mit ihren einfachen Parolen Wählerstimmen gewinnen. Ihre Wähler kommen jedoch zum größten Teil aus dem Heer der Nichtwähler und politisch Uninteressierten bzw. Uninformierten. Diese Wähler-Gruppe war bisher für die parlamentarische Demokratie verloren, und daran hat sich auch durch die gestrigen Wahlen nicht geändert. Mit Argumenten wird man diese Wählerschichten nicht gewinnen können. Man darf davon ausgehen, daß diese Wähler schnell wieder zu Nichtwählern werden, wenn die AfD in der parlamentarischen Arbeit genauso scheitert, wie sie dies bereits in Parlamenten in Brandenburg, Sachsen und Thüringen ist.

Koalitionen

Alle bisher bestandenen Koalitionen in den Ländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wurden abgewählt. Die Regierungschefs können ihre Arbeit aber weiter fortsetzen. Dafür müssen sie sich jedoch neue Koalitionen suchen. Dies ist dem Umstand geschuldet, daß es mit dem Einzug der AfD mehr Fraktionen und neue Verteilungen der Sitze in den Parlamenten gibt. Aber auch dem schlechten Abschneiden des jeweils kleineren Koalitionspartners, in Sachsen und Baden-Württemberg die SPD und in Rheinland-Pfalz die Grünen.
Mit dem Wiedererstarken der FDP kommt dieser Partei eine besondere Schlüsselrolle bei der Findung von neuen Regierungskoalitionen zu. Man sollte dabei jedoch immer den Wählerwunsch vor Augen haben, und sich nicht auf rein rechnerisch mögliche, vom Wähler aber ungewollte Bündnisse einlassen.

AfD Parolen

Eine weitere wichtige Erkenntnis dieser Landtagswahlen ist die Tatsache, daß es sich nicht lohnt, die Parolen der Rechtspopulisten der AfD nachzuzäffen. Wer ebenfalls Obergrenzen für Flüchtlinge fordert oder die Schließung der Grenze oder neue soziale Wohltaten nur für Deutsche, weil die Flüchtlinge soviel Unterstützung bekommen würden, so wie das von der CDU und der SPD in den letzten Wochen vor der Wahl praktiziert wurde, der wird damit keine Wählerstimmen einsammeln können. Der Wähler, der solchen Parolen zugeneigt ist, wird sich im Zweifel immer für das Original entscheiden und AfD wählen. Das Abschneiden der AfD ist deshalb zum Teil auch darin begründet.

Ostdeutschland

Es hält sich ja hartnäckig das Gerücht, „Ostdeutschland“ würde besonders gern und ohne Hemmungen rechtspopulistische oder rechtsradikale Parteien wählen. Dieses These wurde gestern widerlegt. Es bleibt zunächst festzuhalten, daß es gar kein „Ostdeutschland“ gibt, sondern ebenso wie im Westen Deutschland völlig unterschiedliche Regionen und Länder. Darüber hinaus zeigen die gestrigen Wahlen, daß die Parolen der AfD bei den entsprechenden Wähler- bzw. Nichtwählerschichten völlig unabhängig vom Wohnort verfangen. Einzig die Tatsache, daß es in Sachsen-Anhalt bis heute eine hohe Arbeitslosigkeit und weitere Nachwirkungen der Wiedervereinigung gibt, läßt den Stimmanteil der AfD hier besonders hoch ansteigen. Je unzufriedener die Menschen sind, desto eher sind sie bereit Populisten ihre Stimme zu geben. Die Lösung für das Problem sollte deshalb eigentlich logisch sein.

SPD

Eine besonders traurige Erscheinung dieser Tage ist die einstmals so starke, wichtige und aufrechte Partei der Sozialdemokratie. Spätestens mit der „Agenda 2010“ hat die SPD aber ihren eigenen Untergang planmäßig beschlossen und durchgeführt. Man erkennt keinen Unterschied mehr zwischen der SPD und der Union oder FDP. Daß man sich gern und häufig in großen Koalitionen mit der CDU befindet und diese Konstellation keinesfalls unerträglich findet, ist dafür der Beweis. Doch wenn der Wähler keinen Unterschied mehr feststellen kann, wählt er immer den stärkeren Anbieter der Politik. Dies ist meist die Union. Mittlerweile ist die SPD in einigen Landtagen nur noch viertstärkste Kraft, zum Teil noch hinter der AfD. Das Prädikat „Volkspartei“ oder gar „Arbeiterpartei“ kann die SPD damit vergessen.
Ihr Parteichef Sigmar Gabriel ist nur noch im Amt, weil sich sonst offenbar niemand findet, der diesen Job machen will. Die Bundestagswahl 2017 wird der wahrscheinlich sogar der „Kanzlerkandidat“ der SPD. Damit haben die Sozialdemokraten diese Wahl bereits jetzt aufgegeben.

Angela Merkel

In der CDU sieht es nicht viel besser aus. Sie hat nur das Zugpferd Angela Merkel zu bieten. Weit und breit gibt es niemanden, der Merkel ersetzen könnte. Nachfolgehoffnung Julia Klöckner wurde bei der Wahl gestern begraben. Trotzdem wird Merkel in der Flüchtlingspolitik innerparteilich und ganz besonders von der Schwesterpartei CSU attackiert und torpediert, wann immer es möglich ist. Was dies gebracht hat, sieht man am Erstarken der AfD. Angela Merkel dürfte deshalb aus den gestrigen Wahlen gestärkt hervorgehen. Auf lange Sicht wird dies der CDU aber nicht helfen, denn irgendwann nach der nächsten Bundestagswahl wird Merkel wohl das Feld räumen und dann steht die Union kopflos da.

Fazit

Ob die Parteien gewillt sind, diese Fakten anzuerkennen, bleibt abzuwarten. Viel Hoffnung braucht man sich da allerdings nicht zu machen. Wie immer werden nur Lösungen auf kurze Sicht gesucht. Der Machterhalt und der Blick auf die nächsten Wahlen sind das entscheidende Moment der Politik quer durch alle Parteien. Wer jedoch den Populisten nach dem Mund redet, wird am Ende des Tages Wählervertrauen und damit Wählerstimmen verlieren.

Anzeige

Schockwellen: Letzte Chance für sichere Energien und Frieden. Gewinner des getAbstract Business Impact Readers’ Choice Award 2023*
  • Schockwellen: Letzte Chance für sichere Energien und Frieden
  • Produktart: ABIS_BOOK
  • Farbe: White
  • Kemfert, Claudia (Autor)

[Letzte Aktualisierung am 18.04.2024 um 07:25 Uhr / * = werbender Link (Affiliate) / Bilder von der Amazon Product Advertising API]


2 Kommentare

  • Nina

    Ich denke dass es keine Rolle spielt welche Partei wie oft gewählt worden ist. Ich denke dass das Politische System eine Art Schauspiel ist, will heißen dass das Politische System relativ klare Vorgaben hat und diese ausführen muss. Ich denke diese Vorgaben sind nicht im Politischem System entstanden sondern von Kräften/Organisationen welche wie unsichtbar erscheinen. Somit denke ich das Politische System dient also dazu dem Volk vorzutäuschen Sie hätten eine Wahl.

    Man sollte dem Politischem System die Macht entziehen indem man nicht mehr zur Wahl geht und sich um alternativen bemüht.

    Alles gute!

  • Pingback: Neuwahl in Bayern – Seehofer muß ins Kloster. » Informelles.de