Polit-Theater in Washington

Der US-Haushaltsstreit ist vor allem ein Kampf um die Macht.

Wäre es nicht so ernst und wären die möglichen Auswirkungen für die Weltwirtschaft nicht so dramatisch, man könnte sich genüsslich zurücklehnen und sich bei kalten Getränken und Popcorn über die Amis amüsieren. Man könnte aus der Entfernung die aufgelaufene Weltpresse, die zahlreiche Veranstaltungszelte am Straßenrand aufgebaut hat, um immer live aus Washington berichten zu können, dabei beobachten, wie sie jede noch so kleine Meldung oder Hintergrundinformation zur „Breaking News“ hochstilisiert und am Ende doch genau so ratlos dasteht, wie wir alle. Ratlos und fassungslos vor dem absonderlichen Polittheater, das derzeit in der amerikanischen Hauptstadt zum Besten gegeben wird.

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Schon seit dem 01. Oktober ist die US-Verwaltung wegen des Haushaltsstreits nicht mehr arbeitsfähig. Tausende Staatsbedienstete sind deswegen im unbezahlten Zwangsurlaub. Das bekommen auch die Touristen zu spüren, da zahlreiche Sehenswürdigkeiten derzeit geschlossen sind. Doch die drohende Zahlungsunfähigkeit hätte weitaus größere Folgen.

Die Uhr tickt. Am kommenden Donnerstag dürfte die Schuldenobergrenze von 16,7 Billionen Dollar erreicht sein. Dann steht das US-Finanzministerium ohne Geld da. Die USA wären damit praktisch zahlungsunfähig. Kredite und Anleihen könnten nicht mehr bedient werden. Die Glaubwürdigkeit der USA und vorallem des Dollars, der immer noch die Weltleitwährung Nummer eins ist, wären damit mit einem Schlag erledigt. Die unmittelbaren Auswirkungen und langfristigen Folgen, die eine Zahlungsunfähigkeit der USA auslösen würden, sind im Moment gar nicht vorstellbar. Ein Sturm würde durch die globalen Finanzmärkte fegen. Die Lehman-Pleite war dagegen wohl nur ein laues Lüftchen.

Nun ist es natürlich total surreal, sich bei der derzeitigen Verschuldung von 16,7 Billionen Dollar eine weitere Erhöhung der Schuldengrenze zu wünschen. Aber mit Logik und gesunden Menschenverstand haben die Finanzmärkte und das Geldwesen schon lange nichts mehr zu tun. Und die Länder und ihre Regierungen sind zu Sklaven dieser Finanzmärkte verkommen.
Das gilt auch und besonders für die USA. Deshalb muß man sich schon wundern, daß die Republikaner es wirklich darauf ankommen lassen wollen, daß die USA zahlungsunfähig werden. Und das alles nur, um die staatliche Krankenversicherung, die Präsident Obama für alle Amerikaner einführen will, zu verhindern. Nur deshalb versuchen sie allerlei Winkelzüge und Spielchen im Repräsentantenhaus, vergleichbar dem Bundestag, und dem Senat, vergleichbar dem Bundesrat, eine Einigung auf die Erhöhung der Schuldenobergrenze zu verhindern. Ein armseliges Schauspiel.

Sollte es in in der US-amerikanischen Politik noch Reste von Demokratie gegeben haben, nach Präsidenten wie George W. Bush kann davon nicht unbedingt ausgehen, dann sind auch diese kläglichen Reste nunmehr vollständig verbrannt. Der Spruch von den USA als Hort der Freiheit und Demokratie taugt nicht einmal mehr als Kaugummi-Bildchen.

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Ein Kommentar

  • karl

    Obama sollte die Hoffnung und die Erlösung für die armen Kranken in den USA werden, nun wollen gnadenlose Menschen im Namen der Macht diesen dringenden und notwendigen Schritt eines menschlichen Präsidenten unterlaufen.
    Pfui, ihr Narren !!!!!