Fernbus-Verkehr endlich freigegeben

Nach 80 Jahren sollen die Beschränkungen im Fernbus-Verkehr fallen.

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In Deutschland gibt es keinen ernstzunehmenden Fernbus-Verkehr. Während Länder, wie die USA, über ein engmaschiges Buslinien-Netz verfügen, das Städte und Regionen auch über sehr lange Strecken miteinander verbinden und das zu konkurrenzlos günstigen Preisen, dümpelt der Fernbus-Verkehr in Deutschland vor sich hin. Dabei bestätigt das Umweltbundesamt, das der Bus auch das umweltfreundlichste Verkehrsmittel Deutschlands ist. Einzig Verbindungen nach Berlin oder mehr oder weniger privat organisierte „Sammelbusse“, wie bei DeinBus, existieren hierzulande.
Das hat Gründe, die rund 80 Jahre zurückliegen. In den 1930er Jahren wollte der Staat den Ausbau der Eisenbahn fördern. Billige Konkurrenz durch Buslinien sollte verhindert werden. Deshalb wurde im Personenbeförderungsgesetz festgelegt, daß Fernbuslinien grundsätzlich genehmigt werden müssen. Sollte parallel zur beantragten Linie eine Eisenbahnverbindung existieren, dann wird die Buslinie nicht genehmigt. Diese Beschränkung existiert noch heute. Nur Fahrten ins eingemauerte Berlin und zu touristischen Zielen im Ausland wurden von dieser Regelung ausgenommen. Sonst änderte sich nichts. Mit diesem Gesetz in der Hinterhand konnte sich die Bahn etwaige Konkurrenten immer mit rechtlichen Schritten vom Hals halten, bspw. DeinBus. Die Bahn klagte aber nicht zuletzt auch, weil sie zwischenzeitlich selbst zum größten Busanbieter in Deutschland geworden war. So ist es bis heute nicht gelungen, ein konkurrenzfähiges Fernbus-Liniennetz in Deutschland zu etablieren.

Nun soll sich endlich etwas ändern. Das Bundeskabinett hat gestern beschlossen, die 80 Jahre alte Regelung zu kippen. Der Markt für Fernbusse soll in 2012 freigegeben werden. Fernbuslinien müssen dann zwar immer noch beantragt werden, sollen aber im Gegensatz zu früher grundsätzlich genehmigungsfähig sein. Parallele Eisenbahnverbindungen sollen kein Versagungsgrund mehr sein. Einzig der öffentliche Nahverkehr, der von den Kommunen finanziert wird, soll geschützt werden. Deshalb müssen Haltstellen im Fernbusverkehr mindestens 50 Kilometer voneinander entfernt sein.

Man darf gespannt, wie sich der Verkehr auf Deutschlands Straßen entwickeln wird. Verbraucherschützer jedenfalls begrüßen den Vorstoß, weil die Kunden dann eine echte  und preislich attraktive Alternative zum Angebot der Deutschen Bahn haben werden. Die Fahrpreise im Fernbus werden wohl deutlich unter denen der Bahn liegen.
Und auch die Bahn wird reagieren müssen. Sollte es wirklich zum massiven Ausbau der Fernbuslinien kommen, dann wird sie ihr Modell des Schienenverkehrs überdenken müssen. Nur auf  Fernverkehr mit immer neuen und immer noch teueren Hochgeschwindigkeitsstrecken zu setzen und dafür den Nahverkehr in der Fläche zu opfern, wird keine Option mehr sein. Dann werden auch Wahnsinnsprojekte wie S21 nicht mehr vorstellbar sein.

Quelle: Handelsblatt

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